Reha-Maßnahmen:Krankenkassen sollen für Pflege zahlen

Altenpflegeausbildung

Reha-Maßnahmen könnten viele Senioren vor dem Heim bewahren. Sie werden aber zu selten verschrieben, weil bei der Finanzierung einiges falsch läuft.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die CDU will dafür sorgen, dass mehr Reha-Maßnahmen verschrieben werden. Das könnte die Zahl der Senioren, die ins Heim müssen, verringern, weil sie dadurch wieder eigenständiger werden könnten.

Von Guido Bohsem, Berlin

Die Reha für Pflegebedürftige ist im deutschen Gesundheitssystem eine Ausnahme. 1,3 Millionen Patienten hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Jahr 2014 begutachtet, um die Einstufung in die Pflegeversicherung vorzunehmen. Doch nur in 0,5 Prozent der Empfehlungen haben die Prüfer entschieden, den Patienten mit einer Reha-Maßnahme wieder auf die Beine zu helfen.

Immer wieder klagen Pflegeexperten darüber, dass damit eine große Chance vergeben wird. Eine frühzeitige Reha könnte demnach dafür sorgen, dass die Senioren erst gar kein Fall fürs Pflegeheim werden. Bei bereits pflegebedürftigen Patienten könnte verhindert werden, dass ihr Zustand sich weiter verschlechtert.

Die CDU will das nun ändern und die Reha-Maßnahmen deutlich ausweiten. Sie plant, eine Finanzvereinbarung aufzuheben, die nach ihrer Ansicht die Reha für die Krankenkassen nur wenig attraktiv macht. Konkret hat der Bundesfachausschuss Gesundheit und Pflege beschlossen, ihnen die medizinische Betreuung von Pflegefällen in Rechnung zu stellen, die sogenannte Behandlungspflege. Im Gegenzug soll die Pflegekasse die Reha zahlen und nicht mehr die Krankenkasse. Der noch intern gehaltene Beschluss liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Unter Behandlungspflege versteht man medizinische Behandlungen für Pflegebedürftige, die zwar vom Arzt verschrieben werden, aber von den Pflegekassen bezahlt werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa zwei Milliarden Euro. Bei der Einführung der Pflegeversicherung vor mehr als 20 Jahren hat man die Finanzierung der Behandlungspflege unter anderem deshalb der Pflegeversicherung zugeschlagen, um zu verhindern, dass es bei den Kassen zu Mehrausgaben kommt.

Doch hat diese Entscheidung nach Meinung der CDU-Experten immer wieder zu Problemen geführt. So hegen die Fachleute den Verdacht, dass die Krankenkassen die Patienten genau aus diesem Grund lieber in die (nicht von ihnen bezahlte) Pflege schicken, als eine kostenträchtige Reha zu finanzieren. Der CDU-Fachausschuss will deshalb die Finanzierung tauschen. Das heißt, die Pflegekassen sollen künftig für die Reha-Leistungen aufkommen, während die Krankenkassen im Gegenzug die medizinische Behandlungspflege erstatten. So sollen Anreize in beiden Versicherungssystemen geschaffen werden, die Bereitschaft zu Reha-Leistungen zu erhöhen.

Der Beschluss des Gremiums ist richtungsweisend. Der Fachausschuss wurde 2014 gegründet. Ihm gehören etwa 40 Vertreter der Landesverbände und Vereinigungen der CDU an. Seine Entscheidungen sind bedeutsam, weil er neben dem aktuellen Tagesgeschäft Grundpositionen der Partei zu den Themen Gesundheit und Pflege ausarbeiten und beschreiben soll. Auch im Gesundheitsministerium gab es in der Vergangenheit Überlegungen, die Finanzierung der Behandlungspflege zu ändern.

"Es ist ein Unding, dass es selbst nach jahrelangen Debatten immer noch zu wenige geriatrische Reha-Maßnahmen gibt", sagte der Vorsitzende des Fachausschusses, Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU). "Das ändert sich wohl erst, wenn der, der von der Reha profitiert, sie auch bezahlen muss", drohte der ehemalige gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion den Krankenkassen.

Vielen könnte mit Reha so geholfen werden, dass sie wieder eigenständiger sind

Ziel der CDU-Fachpolitiker ist es, die Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich zu verhindern. Derzeit gebe es rund 2,6 Millionen Pflegebedürftige, im Jahr 2030 würden es etwa 3,4 Millionen sein. Dies belastet das Versicherungssystem. Um für Entlastung zu sorgen, müssten daher deutlich mehr Reha-Leistungen erbracht werden - und zwar sowohl nach Behandlungen im Krankenhaus als auch zu Hause.

"Reha-Maßnahmen sind besonders erfolgsversprechend und effizient, je frühzeitiger sie im Krankheitsverlauf erbracht werden", heißt es. Deshalb seien hier insbesondere die Hausärzte gefragt. Diese könnten eine drohende Pflegebedürftigkeit frühzeitig erkennen. Aus diesem Grund müssten die Hausärzte nach dem Willen der CDU auch die Erlaubnis erhalten, eine Reha zu verschreiben. "Grundsätzlich soll das Verfahren so bürokratiearm wie möglich gestaltet sein."

"Mit einer Reha-Maßnahme könnte vielen Pflegebedürftigen so geholfen werden, dass sie wieder eigenständiger sind", sagte Spahn. Das lohne sich für die Pflegebedürftigen und auch für die Pflegekassen. Denn diese spare viel Geld mit jedem Monat, in dem es gelinge, einen höheren Pflegegrad oder sogar eine stationäre Unterbringung zu vermeiden.

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