Regulierung:Ich bin ja noch so klein

Schon lange klagt die Bankenlobby über strenge Regulierung. Nun will die Bundesregierung zumindest weniger große Banken und Sparkassen entlasten.

Von Harald Freiberger, Meike Schreiber, Frankfurt

Jahrelang kannte die Banken-Regulierung nur eine Richtung: Sie wurde immer strenger. Nun dreht sich offenbar der Wind. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, dann wird ein großer Teil des deutschen Bankenmarktes bald nicht mehr ganz so engmaschig überwacht wie bisher. Wie aus einem Hintergrundpapier der Bundesregierung hervorgeht, sollen kleine Institute künftig von bestimmten Meldepflichten zu ihrem Geschäft entlastet werden. Ausgenommen werden sollen sie auch von strengeren Regeln für die Vergütung oder die Art, wie sie sich refinanzieren. "Die Komplexität der EU-Bankenregulierung überfordert kleine Banken oftmals und ist mit Blick auf ihre Geschäftsmodelle auch nicht angemessen", heißt es in einer Stellungnahme der Regierung. Berlin befürwortet eine Dreiteilung in große, mittlere und kleine Banken.

Als "klein" gelten dabei alle Geldhäuser mit weniger als drei Milliarden Euro Bilanzsumme. Was nach einer enormen Summe klingt, ist für eine Bank eher wenig. Zum Vergleich: Die Bilanz der Deutschen Bank addiert sich auf etwa 1500 Milliarden Euro. Dennoch wäre ein beachtlicher Teil des deutschen Bankenmarktes betroffen, bemessen an der Zahl der Institute. Denn anders als in anderen Ländern ist der Markt hierzulande stark zersplittert: Von den knapp 1900 Geldhäusern weisen etwa 1000 Kreditinstitute eine Bilanzsumme von weniger als einer Milliarde Euro auf. Erleichterung gäbe es also für fast alle der knapp 1000 Volks- und Raiffeisenbanken, die meisten Sparkassen, aber auch für Privatbanken.

Der Bundesverband der deutschen Banken, der die privaten Institute vertritt, begrüßte daher den Vorstoß der Regierung - schon allein deshalb, weil viele kleine Geldhäuser Mitglied im Verband sind. "Von der Anzahl her liegt der Anteil kleiner Banken in unserem Verband bei rund 80 Prozent", sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer. Für sie solle es, gestaffelt nach Größe, Ausnahmen bei Meldepflichten und anderen Regularien geben. Dabei sei eine Grenze von drei Milliarden Euro Bilanzsumme sinnvoll.

Auch die Sparkassen, die seit Jahren eine Erleichterung fordern, bezeichneten den Vorstoß als "Schritt in die richtige Richtung". Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hatte sich zwar eher für eine "kombinierte Abgrenzung" auch anhand des Geschäftsmodells und des Risikos eingesetzt. Etwa 120 der knapp 400 deutschen Sparkassen werden eher als mittelgroße Institute eingestuft. Das dreistufige Modell berücksichtige dies aber, hieß es.

Ganz anderer Meinung ist Liane Buchholz, neue Präsidentin der westfälischen Sparkassen. Sie hält die Dreiteilung für kontraproduktiv: Diese würde die Sparkassenfamilie spalten und gemeinsame IT-Lösungen erschweren. Zudem bestünde die Gefahr, dass Institute ihre Geschäftspolitik nach der Bilanzgröße ausrichteten. Sie könnten zum Beispiel vor notwendigen Fusionen zurückschrecken.

Ein Großteil der Finanzregulierung gilt jedoch ohnehin unvermindert weiter: So sollen alle Banken auch künftig die gleichen Anforderungen an Eigenkapitalrücklagen und Kundenberatung erfüllen. Fraglich ist außerdem, ob sich die Bundesregierung mit den Plänen in Brüssel durchsetzen kann. Die EU-Kommission überarbeitet gerade zwei wichtige Banken-Richtlinien. Berlin und die deutsche Bankenlobby hoffen nun darauf, dass die Ausnahmen dabei berücksichtigt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: