Regionalwerbung:Schräge Sachen

Manche Filmchen sind unvergesslich. Nicht, weil sie besonders gut sind. Auch schlechte Werbung bleibt beim Zuschauer lange in Erinnerung.

Von Hannes Vollmuth

Es gab mal eine Zeit, da saß man im Kino, die gut gemachte Werbung war schon gelaufen, gleich geht's los, da kamen die Dias: Akropolis - der Grieche Ihres Vertrauens, Friseurladen Glückssträhne, das Autohaus aus dem Gewerbegebiet, Fotostudio Müller, Eiscafé Pinocchio. Die Regionalwerbung hatte begonnen.

"Ich weiß genau, was Sie meinen", sagt Thorsten Stork von der Mediaagentur Zenith in München. Stork bringt Werbung an den Mann, auch ins Kino. Er erinnert sich an so manch verfusseltes Standbild, schräge Sachen, Regionalwerbung im Kino halt. Für das Geschäft "eher kontraproduktiv", sagt Stork. Aber er kann einen beruhigen, es hat sich etwas getan.

Tatsächlich wächst nicht nur die Kinowerbung, es wächst auch die Regionalkinowerbung. Denn es ist leichter und billiger als jemals zuvor, einen hochauflösenden Werbefilm ins Kino zu bringen, auch wenn man Friseurladen Glückssträhne heißt. Selbst kleinere Unternehmen wissen heute, wie wichtig ordentliche Werbung ist. Der Nahverkehr und das Wellnessbad auf dem Land haben schon vorgelegt. Genauso Regionalzeitungen. Selbst Lehrlinge werden per Kinoleinwand gesucht. So weit die guten Nachrichten.

Hannes Tietze führt das Kino Casablanca in Ochsenfurt, Unterfranken. Ziemlich genau vor einem Jahr hat er die nationalen Werbespots aus dem Vorprogramm entfernt. "Damit niemand erschrocken ist von der Regionalwerbung, der Qualitätsunterschied ist immer noch gigantisch", sagt er.

Tietze hat viele Jahre auch als Filmvorführer gearbeitet, er kann mehrere Werbefilmchen bis heute mitsprechen, er hat immer noch verschiedene Zisch-Geräusche für lokale Bierwerbung im Ohr. Besonders ein Spot verfolgt ihn noch recht arg, es war ein Möbelhaus in Würzburg. Tietze erinnert sich an schlechten Ton, schlecht ausgeleuchtete Räume und daran, dass ein Baby über die Leinwand kroch. "Unterirdisch", sagt Tietze.

Er hat jetzt, wie gesagt, die nationale Werbung aus dem Kino verbannt und wieder Standbilder für die Regionalwerbung eingeführt. "Die tun weniger weh." Ganze Werbefilme zeigt er aus Prinzip nicht mehr. Tietze sagt: "Ein schlecht gemachter Film ist schlimmer als jedes Standbild." Die Regionalwerbung ist also ein bisschen wie Kino selbst: Licht und Schatten, Grauen und Freuden. Werbung, die lange in Erinnerung bleibt.

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