Reform der Ökostromförderung:Solarbranche fürchtet neuen Stellenabbau

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Absturz trotz Rekordförderung: Deutschlands angeschlagene Solarbranche fürchtet einer Umfrage zufolge einen erneuten Einbruch - vor allem ein zentrales Vorhaben der Bundesregierung sorgt für Unruhe.

Von Markus Balser, Berlin

Und wieder eine Solarfirma weniger: Erst vergangene Woche hatte der Berliner Solarpionier Solon bekannt gegeben, dass er seine Zentrale in Berlin dichtmacht und den Firmensitz in die Vereinigten Arabischen Emirate verlegt. Der Rückzug von Solon gilt als jüngster Beleg für den Niedergang der Branche in Deutschland. Solon, das mal für einen Umsatz von 800 Millionen Euro stand, gibt auf. Die letzten 230 Mitarbeiter in Deutschland müssen gehen.

Gerade mal ein paar Jahre ist es her, dass Firmen wie Solon, Conergy, Solarworld oder Q-Cells besonders hell strahlten. Sie galten als Visitenkarte der gerade angelaufenen deutschen Energiewende - und als Vorboten einer grünen Revolution. Doch von der Euphorie ist nichts geblieben.

Die Solarindustrie heute ist nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst. Sogar Marktführer Solarworld schrammte nur knapp an der Pleite vorbei - jetzt übernimmt er Teile von Bosch Solar in Thüringen, 800 Beschäftigte haben vorerst wieder einen Job, immerhin. Anderen setzte der harte Preiskampf mit chinesischen Anbietern noch härter zu. Eine Pleitewelle hat in wenigen Monaten Dutzende deutsche Solarfirmen dahingerafft. Viel tiefer fallen, könnte man glauben, kann die Branche eigentlich nicht.

Gabriel will wichtigen Anreiz streichen

Doch nach eigener Einschätzung droht der Exodus weiterzugehen. Einer Umfrage des Bundesverbandes der Solarwirtschaft (BSW) unter deutschen Solarfirmen zufolge fürchten die verbliebenen Unternehmen einen erneuten Exodus. Der Grund: die geplante Reform der Ökostromförderung. Sollten die Pläne wie erwartet umgesetzt werden, rechnen alle an der Umfrage beteiligten Unternehmen mit einem Umsatzrückgang. 80 Prozent der 60 befragten Firmen gehen davon aus, dass dies auch den Verlust von Jobs nach sich ziehen wird. Jede dritte Solarfirma fürchtet der Analyse zufolge gar die "Aufgabe des eigenen Geschäftsbetriebs".

Die Bundesregierung will ihren Gesetzesentwurf für das neue EEG am 8. April beschließen. In der Solarindustrie sorgt vor allem ein Detail für wachsende Angst um die eigene Zukunft. Für den mit Solaranlagen selbst erzeugten und auch verbrauchten Strom wird bislang keine EEG-Umlage erhoben. Das will Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) jetzt jedoch ändern. Damit falle angesichts sinkender Fördersätze einer der wichtigsten Anreize für den Bau neuer Solaranlagen weg, heißt es aus der Branche. Neun von zehn deutschen Solarfirmen gehen dem Papier zufolge deshalb davon aus, dass die Bundesregierung ihr angestrebtes Ausbauziel von mindestens 2500 Megawatt pro Jahr wohl verfehlen wird. Denn industrielle wie private Anlagen für die Eigenstromversorgung wären demnach nicht mehr rentabel.

Absturz trotz Rekordförderung

Jüngste Zahlen belegen, wie stark die Branche gewachsen, dann aber auch geschrumpft ist. Waren im Januar 2009 lediglich 1500 Menschen in der Produktion von Solarzellen und Modulen tätig, waren es drei Jahre später bereits 12.000. Seitdem geht es jedoch steil bergab. Erstmals seit knapp vier Jahren ist die Beschäftigtenzahl Ende 2013 unter 5000 Mitarbeiter gefallen. Im Dezember waren dem Statistischen Bundesamt zufolge nur noch 4719 Menschen in der Fertigung von Zellen und Modulen beschäftigt.

Deutschland erlebt damit ein folgenschweres Kuriosum: Die Solarbranche stürzt trotz Rekordförderung ab. Nie zuvor montierten die Deutschen so viele Solaranlagen auf ihre Dächer wie in den vergangenen drei Jahren. Die Sonnenenergie deckt bereits fast fünf Prozent des deutschen Strombedarfs, an guten Tagen sogar 20. Neben Förderkürzungen macht den hiesigen Herstellern die harte Konkurrenz aus Fernost zu schaffen, die Module zu niedrigeren Preisen anbieten.

© SZ vom 13.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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