Reform der Arbeitsagentur:Psycho-Test für Arbeitslose

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Wie reagieren Sie, wenn Kunden Sie nerven? Mit solchen Fragen will die Arbeitsagentur bald herausfinden, welche Stärken und Schwächen ein Arbeitsloser hat. Warum sich die Verantwortlichen von dem Psycho-Test Erfolge versprechen.

Thomas Öchsner

Vom kommenden Jahr an werden viele Arbeitslose einen neuen Fragebogen ausfüllen. "Wenn ich der Meinung bin, dass ich recht habe, fällt es mir schwer, mich der Teamentscheidung unterzuordnen", wird es darin heißen. Es findet sich auch der Satz: "Bei schwierigen Kunden muss ich mich anstrengen, nicht die Geduld zu verlieren."

Eine Frau geht am Logo der Arbeitsagentur vorbei. (Foto: dpa)

Der Jobsuchende kann bei seinen Antworten in einer Skala von eins bis fünf "überhaupt nicht", "teilweise" oder "voll und ganz" zustimmen. Die 102 Fragen sind Teil einer Kulturrevolution, die 2012 in den Arbeitsagenturen und in den Jobcentern eingeläutet wird. "Wir wollen künftig stärker auf die Stärken als auf die Schwächen unserer Kunden schauen", sagt Markus Schmitz, Geschäftsführer bei der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Bislang erfahren die "Kunden" - so heißen die Arbeitslosen in der Amtssprache tatsächlich - in Vermittlungsgesprächen viel über ihre Defizite. Die Erwerbslosen wissen sehr schnell sehr genau, welche Abschlüsse ihnen fehlen. Umfragen zeigen aber, dass neben einer guten Ausbildung den Arbeitgebern immer stärker auch soziale Kompetenzen, das Kommunikations- und Konfliktverhalten oder die Teamfähigkeit eines Mitarbeiters wichtig sind.

"Die große Zertifikat-Gläubigkeit geht zurück, zumal die in der beruflichen Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse schnell veralten können", beschreibt BA-Manager Schmitz diesen Wandel. Darauf habe die Bundesagentur reagiert. "Arbeitslose können künftig bei sich selbst auf Talentsuche gehen. Der Vermittler und unser psychologischer Dienst helfen ihm dabei", sagt er.

Intern heißt das neue Programm der BA deshalb "Kompetenzdiagnostik". Es besteht aus vier Angeboten, die sich wahlweise nutzen lassen und sowohl für die Empfänger von Arbeitslosengeld I wie auch für langzeitarbeitslose Hartz-IV-Bezieher in Frage kommen. Der Fragebogen soll helfen, das eigene Verhalten im Berufsleben besser einschätzen zu können. Ihn füllen die Arbeitslosen am PC aus und besprechen das Ergebnis mit einem Psychologen und ihrem Vermittler. Bei einem weiteren computergestützten Test wird die Fähigkeit geprüft, Probleme zu erfassen und zu lösen.

Dritter Baustein ist ein Interview mit einem Psychologen der BA; vierter der mögliche Besuch eines Assessment-Centers. Dieses Auswahlverfahren ist in Unternehmen weit verbreitet. Diese prüfen dabei mehrere Bewerber, die sich teilweise auch bei Übungen in einer Gruppe bewähren müssen. Anders wird dies an den Standorten der Bundesagentur ablaufen. Dort geht der Arbeitslose allein ins Assessment-Center.

Pilotprojekte in drei Städten zeigten Erfolge, sagt die Arbeitsagentur

Inwieweit die gut 300 Jobcenter und 176 Arbeitsagenturen den neuen Werkzeugkasten mit den vier neuen Dienstleistungen vom nächsten Jahr an nutzen wollen, können sie selbst entscheiden. Schmitz ist vom Erfolg überzeugt: "Der Arbeitslose kann künftig für sich selbst leichter herausfinden, was er gut kann", sagt er. Die Reaktionen von 2200 Jobsuchenden bei dem Probelauf in Augsburg, Hagen und Merseburg zeigten, dass dies die Arbeitslosen ganz neu motiviere.

Klappt die amtliche Kulturrevolution, wird das nicht alles sein: Die "Kompetenzdiagnostik" soll vermeiden, dass Arbeitslose neue Enttäuschungen erleben und in Maßnahmen landen, die sie über- oder unterfordern. Außerdem können sie lernen, wie sie sich selbst wahrnehmen und von anderen wahrgenommen werden. Diesen Unterschied zu erkennen - das kann auch so manchen Nichtarbeitslosen guttun.

© SZ vom 25.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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