Reden wir über Geld:Einsame Rapper, lachende Betrüger und philosophierende Politiker

Reden wir über Geld: Reden wir über Geld mit: Bushido (2010), Andrea Nahles (2015), Franz Xaver Kroetz (2011) und Ursula Buchfellner (2015)

Reden wir über Geld mit: Bushido (2010), Andrea Nahles (2015), Franz Xaver Kroetz (2011) und Ursula Buchfellner (2015)

(Foto: dpa(3); Robert Haas)

Was 500 Interviews über Finanzen und das Leben verraten. Das Beste aus zehn Jahren "Reden wir über Geld".

Von Alexander Hagelüken

Der Anfang kann ein Versprechen sein. Oder gleich das Ende bedeuten. Damals, vor zehn Jahren, befürchten die Reporter, ihr Besuch beim Rapper Bushido bedeute gleich das Ende der Interviewreihe "Reden wir über Geld", die sie doch begründen wollen. Sie tragen Anzüge, weil sie zuvor den Ex-Minister Walter Riester befragten, der brav erzählt, wie viel Vorträge über die Riester-Rente einbringen. Doch Bushido bollert, da ist noch keine Frage gestellt: "Im Anzug sehen Sie aus wie Zeugen Jehovas!"

Puh. Sind alle Stars so? Ist es dumm, eine sehr persönliche Interviewreihe im Wirtschaftsteil auf Figuren aufzubauen, die dort sonst selten vorkommen? Sänger, Sportler, solche Leute? Ein Scheitern schon beim zweiten Interview wäre peinlich. Daher bollern die Anzugträger zurück, sie nennen Bushido unverschämt. Sein Pressetyp erstarrt. Der Rapper jedoch, später für seine Verbindung zu Kriminellen berüchtigt, entschuldigt sich. Und lässt dann im Interview in ein Starleben blicken, in dem Geld "die geilste Droge von allen" sei - er aber trotz der Millionen nicht wagt, Freunde zu fragen, ob sie ihn zum Minigolf mitnehmen.

Bemerkenswerte Gedanken von Unprominenten

Zehn Jahre später können Sie auf dieser Doppelseite einige, leider viel zu wenige Ausschnitte der mittlerweile 500 Interviews lesen. Über ihr Leben und die Beziehung zum Geld haben all die Figuren von außerhalb des Wirtschaftsteils mehr zu sagen als damals befürchtet. Sol Gabetta erzählt, wie ihr Vater seinen gut bezahlten Job in Argentinien aufgab, damit sie in Europa Cellistin werden sollte - und er dann in all der Unsicherheit Depressionen und Krebs bekam. Der Playboy Rolf Eden verrät, warum er 30 000 Euro Unterhalt im Monat zahlt, der frühere Betrüger Josef Müller, wie er früher betrog - und Prinz Alexander zu Schaumburg-Lippe ("Schaumi"), warum er nur elf von 250 Räumen seines Schlosses bewohnt - "gehobener Mittelstand, finde ich".

Die Interviewer staunen, was sie aus dem Leben von Menschen erfahren, wenn sie freundlich und interessiert fragen statt so pseudokonfrontativ wie in schlechten Talkshows. Der Rennfahrer und Flugunternehmer Niki Lauda gesteht, er habe keine Freunde. Die Starköchin Sarah Wiener berichtet, als junge Ausreißerin sei sie "die Königin des Klauens" gewesen. Die Sorge, das Reden über Geld schrecke ab, bewahrheitet sich selten. Ein Politiker, der verstanden hat, dass es in den Interviews nicht nur um Geld geht, sondern ums ganze Leben, weil es sonst bald langweilig würde, hat vor dem sehr persönlichen Gespräch nur ein Problem: "Die Frage ist, warum rufen Sie jetzt erst an?"

Ebenso bemerkenswert sind Unprominente wie jener Spediteur, der pleiteging und auf der Straße landete. Und der auf die Frage, ob er Kinder habe, sagt: "Die hätte ich nur unglücklich gemacht. Ich war nicht fähig, eine Beziehung zu führen." Und was ist mit jenen, die auch sonst oft im Wirtschaftsteil vorkommen, Unternehmer etwa? Auch sie sind gute Interviewpartner, falls sie nicht von PR-Leuten alles glattbügeln lassen. SAP-Gründer Dietmar Hopp etwa erzählt, wie ihn die Finanzkrise zwei Milliarden Euro kostete. Deutschlands bekanntester Autovermieter Erich Sixt erstaunt mit der Aussage, sein Verhältnis zu Autos sei gestört. Und er zitiert Marc Aurel: "Das Leben ist nichts anderes als ein großes Theater. Wir sind Schauspieler und spielen alle eine Rolle. Was wir wirklich sind, wissen wir selber nicht so genau." Dem ist nichts hinzuzufügen.

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