Raubbau am Regenwald:Fleisch frisst Land

Ein Hamburger mit Pommes und Salat vernichtet mehr als drei Quadratmeter Regenwald. Ohne es zu merken, tragen auch deutsche Verbraucher zum Raubbau in Südamerika bei - genau wie ihre Hunde und Katzen.

Silvia Liebrich

Der Raubbau an den Regenwäldern Südamerikas geht mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Umweltschutzorganisationen schätzen, dass allein in Brasilien pro Jahr 30 000 Quadratkilometer Waldfläche gerodet werden, vor allem für Sojafelder und Rinderweiden. Was vielen deutschen Verbrauchern jedoch nicht bewusst sein dürfte: Die Vernichtung der Regenwälder geht auch auf ihr Konto. Das zeigt eine neue Studie des World Wide Fund for Nature (WWF). Denn ein großer Anteil des Viehfutters, dass für die Fleischerzeugung hierzulande benötigt wird, stammt aus Südamerika. Einer der wichtigsten Futterbestandteile ist Soja, mehr als 75 Prozent des Bedarfes in Deutschland wird laut WWF inzwischen mit Lieferungen aus Brasilien gedeckt.

Workers harvest soy on a farm in Correntina, Bahia

Sojaernte in Brasilien: Immer mehr Wälder werden abgeholzt, um immer mehr Tiere für den Fleischkonsum der Menschen ernähren zu können.

(Foto: REUTERS)

Der WWF warnt vor den drastischen Folgen eines weltweit wachsenden Fleischkonsums, der die Nahrungsmittelknappheit verschärft und außerdem das Klima anheizt. "Obwohl Fleisch nicht einmal ein Fünftel zur Welternährung beiträgt, ist die Viehwirtschaft bereits heute der mit Abstand größte globale Landnutzer", sagt Tanja Dräger de Teran, Ernährungsexpertin des WWF. Derzeit werde ein Drittel der gesamten Landoberfläche als Weideland oder Ackerfläche zur Futtermittelproduktion genutzt. Tendenz steigend. Denn während der Verzehr in Deutschland seit einigen Jahren auf hohem Niveau etwa gleich bleibt, wächst er in Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien stark.

Jeder Deutsche isst laut der Studie pro Jahr gut 60 Kilogramm Fleisch, vor allem Schwein. Hinzu kommen pro Kopf noch einmal knapp 20 Kilogramm für Katzen- und Hundefutter. "Um diesen Fleischhunger zu stillen, ist eine Anbaufläche von 8,4 Millionen Hektar notwendig, das entspricht der Größe Österreichs", sagt Tanja Dräger Ernährungsexpertin beim WWF.

Bei der Einfuhr von Tierfutter geht es um gewaltige Mengen. Den Angaben zufolge importiert Deutschland pro Jahr 6,4 Millionen Tonnen Soja. Weil die Ackerflächen in Deutschland dafür bei weitem nicht ausreichen würden und außerdem kaum für den Sojaanbau geeignet sind, muss ein großer Teil importiert werden. Wie hoch der Flächenbedarf für die Fleischproduktion in Relation zu anderen Lebensmitteln ist, zeigen diese Beispiele: Um den Fleischhunger eines Einzelnen zu befriedigen, ist eine Futteranbaufläche von 1000 Quadratmetern pro Jahr nötig, für den Jahresverbrauch an Kartoffeln reichen dagegen 15 Quadratmeter Acker aus. Umgerechnet auf Mahlzeiten bedeutet dies, dass ein Hamburger mit Pommes und Salat auf 3,6 Quadratmeter kommt, Spaghetti mit Tomatensauce dafür nur auf 0,5 Quadratmeter.

Um die weltweit wachsende Nachfrage nach eiweißreichem Soja zu decken, haben große Erzeugerländer in Südamerika im vergangenen Jahrzehnt ihre Anbauflächen deutlich ausgeweitet, Brasilien um 160 Prozent und Argentinien sogar um 190 Prozent. Vor allem im Fall Brasilien sehen die Umweltschützer einen deutlichen Zusammenhang mit der fortschreitenden Abholzung. "Dort bedroht der Anbau einmalige Ökoregionen, wie etwa die brasilianische Savanne, den Cerrado mit seinem enormen Artenreichtum", sagt Dräger De Teran vom WWF.

Die Studie des WWF beruht auf dem Konzept des virtuellen Landhandels. Hier wird errechnet, wie viel Land für die Erzeugung von Gütern benötigt wird, die Konsumenten in Deutschland verbrauchen. Ähnlich wie zuvor schon eine Untersuchung der Wassernutzung zeigt die Studie des WWF, dass ein großer Teil der notwendigen Ressourcen wie Ackerland oder Wasser im Ausland in Anspruch genommen wird. In den Erzeugerländern verschärft dies häufig bereits vorhandene Probleme wie Wasserknappheit, Nahrungsmittelmangel und führen zu einer Übernutzung der Böden durch Monokulturen. Umweltschützer kritisieren das.

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