Rainer Elm, Bundesbank:"Zerschlissen, verschmutzt, verkohlt"

Deutsche Bundesbank - Rainer Elm

Rainer Elm, 50, Nationales Analysezentrum Mainz

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Rainer Elm arbeitet im Nationalen Analysezentrum der Deutschen Bundesbank. Zu ihm kommen stark beschädigte Scheine und Münzen. Er muss klären, ob die Einsender sie ersetzt bekommen.

Protokoll von Lea Hampel

"Zu uns kommen stark beschädigte Münzen und Scheine. Unsere Aufgabe ist es festzustellen, ob diejenigen, die das Geld einreichen, es ersetzt bekommen. Wir erhalten das Geld - oder das, was davon übrig ist - in Tüten, Umschlägen oder Kassetten mit einem Antrag auf Erstattung. Man kann uns das Geld per Post zuschicken oder bei einer unserer Filialen abgeben.

Die meisten Einsendungen - allein im vergangenen Jahr hatten wir 27 000 Fälle mit mehr als 800 000 beschädigten Noten - stammen aus dem Alltag: Menschen haben Geld vergraben, ein Kind hat einen Schein zerrissen, ein Geldbeutel wurde in der Mikrowelle oder im Kamin versteckt und vergessen oder Scheine sind bei einer Collage für ein Geschenk kaputtgegangen. Manchmal haben die Menschen scheinbar nicht im Blick, dass Banknoten auch nur aus Papier sind, das nicht unzerstörbar ist. Auch Mäuse oder Wespen können großen Schaden an Scheinen anrichten, die in Kellern und auf Dachböden versteckt wurden. Darüber hinaus landen bei uns auch tragische Fälle aus Hausbränden, Unfällen oder Katastrophen: Nach dem 11. September 2001 kümmerten wir uns beispielsweise um Geld aus dem World Trade Center.

Wenn Geldbörsen, Scheinbündel oder Kassetten bei uns ankommen, haben die Scheine alle möglichen Schäden: Sie sind zerschlissen, verschmutzt, verkohlt oder in viele Teile zerrissen. Über 95 Prozent können wir mit geringem Zeitaufwand begutachten, weil das Geld nur verfärbt oder mitgewaschen wurde oder etwa im Müll gelandet ist und dort verschmutzt wurde.

Aufwendiger sind die restlichen Fälle. Zurzeit bearbeiten wir beispielsweise viele Brandfälle. Bei einem waren mehrere Tausend Euro an Banknoten in einer Geldkassette, die bei einem Hausbrand total verkohlt sind. Aber auch solche Fälle sind nicht hoffnungslos, solange die verkohlten Scheine nicht komplett zu Aschestaub zerfallen sind. In einem anderen Fall wurden fast 100 000 Euro zusammen mit anderen Unterlagen zerschreddert. Das sind jetzt lauter Schnipsel, die etwa zwei Zentimeter lang und vier Millimeter breit sind.

Für diese Arbeit gibt es keine gezielte Ausbildung, aber eines braucht man sicher: eine Engelsgeduld. Dazu sind ein gutes bildhaftes Gedächtnis und handwerkliches Geschick wichtig. Der Fall der zerschredderten Scheine wird meine Kollegin sicher einige Wochen beschäftigen. Außerdem ist ein gewisses detektivisches Gespür sehr wichtig: Man muss erkennen, aus welchem Teil eines Scheins etwa ein Fetzen stammt, um herauszufinden, ob tatsächlich noch mehr als die Hälfte eines Scheines vorhanden ist. Kleinere Hälften dürfen wir nicht ersetzen, solange es keinen Beweis gibt, dass die größere Hälfte unwiederbringlich zerstört ist.

Um das Ergebnis unserer Begutachtung abzusichern, wird jede analysierte Geldprobe von einem zweiten Kollegen überprüft. Wenn jemand in seinem Antrag angibt, er habe 15 000 Euro eingereicht und wir stellen einen abweichenden Betrag fest, egal ob niedriger oder höher, bekommt er genau die festgestellte Summe. Unser Service ist kostenlos - das soll sicherstellen, dass beschädigtes Bargeld nicht notdürftig repariert wird und so wieder in den Bargeldkreislauf gelangt, wo es zu Störungen führen würde."

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