Radikale Sparpläne von General Motors:Betriebsräte gehen auf die Barrikaden

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Einen Tag vor Bekanntgabe der Sparpläne des US-Konzerns General Motors (GM) für seine europäischen Marken Opel, Saab und Vauxhall formieren die Betriebsräte ihren Widerstand. Im deutschen Blickpunkt steht der Opel-Standort Rüsselsheim. Auch die Bundesregierung ist alarmiert.

Von Harald Schwarz, Marc Beise und Nina Bovensiepen

Die rund 62000 Beschäftigten an den europäischen GM-Standorten sollen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auf massive Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen eingestimmt werden. Anlass dafür sind Hinweise, dass in Europa bis zu 12000 Stellen gestrichen werden sollen, wobei GM auch betriebsbedingte Kündigungen aussprechen will.

An den deutschen Opel-Standorten in Rüsselsheim und Bochum sind demnach zwischen 6000 und 7000 Arbeitsplätze akut gefährdet. "Das hat vor Ort natürlich schon für viel Aufregung gesorgt. Proteste gegen das radikale Vorgehen von GM sind kurzfristig möglich", erklärte ein mit den Vorgängen vertrauter Arbeitnehmervertreter. Keine Stellung beziehen wollte Klaus Franz, der Vorsitzender des Opel-Gesamtbetriebsrats und des Europäischen Arbeitnehmerforums von GM ist.

Eine Konzernsprecherin von GM in Detroit verwies auf diesen Donnerstag. Dann werde das Unternehmen seine Zahlen für das dritte Quartal 2004 präsentieren und dabei auch auf die vorgesehenen Kostensenkungsprogramme eingehen. "Wir sehen uns mit sehr hohen Kosten in Westeuropa konfrontiert, vor allem in Deutschland und Großbritannien, und sind auf Schlüsselmärkten wie Deutschland in einer schwachen Position."

"Viele Dinge müssen nachgeholt werden"

Bei Opel in Rüsselsheim stehen derzeit noch rund 20000 Leute auf den Lohn- und Gehaltslisten, darunter etwa 6000 in der Produktion. Am Standort Bochum werden rund 10000 Beschäftigte gezählt. GM hat mit einer Werksschließung in Europa gedroht und dabei die Werke von Opel in Rüsselsheim und Saab im schwedischen Trollhättan genannt.

Proteste im nationalen Alleingang werden von den Arbeitnehmervertretern jedoch "für wenig sinnvoll" gehalten, "weil das GM nur in die Karten spielen würde". Ihr weiteres Vorgehen wollen die Betriebsräte aller europäischen GM-Standorte am Donnerstag in Frankfurt beraten. Nach Angaben aus informierten Kreisen geht es dabei um die "Abstimmung europaweiter und gleichzeitig stattfindender Proteste an sämtlichen GM-Standorten".

Nach Ansicht der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany) muss die Entwicklung bei GM/Opel vor dem Hintergrund eines massiven Anpassungsdrucks in der Industrie gesehen werden. Viele Unternehmen hätten sich dem härteren weltweiten Wettbewerb mittlerweile angepasst, erklärte Geschäftsführer Dierk Müller im SZ-Gespräch.

"Bei Opel müssen viele Dinge leider auf einmal nachgeholt werden." Die Handelskammer als Vertretung amerikanischer Firmen in Deutschland gehe aber davon aus, dass mit neuen Arbeitszeit- und Lohnmodellen "wesentliche Teile der Fertigung" in Rüsselsheim aufrechtzuerhalten seien.

Clement: Keine finanziellen Hilfen für Rüsselsheim

Die Bundesregierung stehe mit der Unternehmensleitung von Opel in ständigem Kontakt, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) will sich für die Rettung des Standortes Rüsselsheim und der Arbeitsplätze stark machen.

Allerdings stellte er klar, dass damit keine finanziellen Hilfen verbunden seien. Die Bundesregierung prüfe aber eine Beschwerde bei der EU-Kommission in Brüssel im Zusammenhang mit dem GM-Werk in Trollhättan. "Die Anzeichen mehren sich, dass die Schweden staatliche Hilfen erwägen. Wir werden sehr darauf achten, dass es fair bleibt", hieß es in Berlin.

Rückendeckung für ihren zurückhaltenden Kurs erhält die Bundesregierung von Industrie-Präsident Michael Rogowski. "Die Politik sollte sich bei Opel 'raushalten", sagte der BDI-Chef der SZ. "Es hat keinen Sinn, wenn Entscheidungen fallen, die keinen ökonomischen Hintergrund haben."

© SZ vom 13.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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