Quelle: Das Ende:Versager in Fürth

Gewissenlose Manager ohne Ideen fürs Internetzeitalter haben Quelle ruiniert. Manche Entscheidungen im Fürther Versandhaus hatten nicht einmal die Gültigkeitsdauer einer Warenkollektion im Katalog. Auch Erbin Madeleine Schickedanz ist mitschuldig am Desaster.

Uwe Ritzer

Ende mit Schrecken in Fürth: Bis zuletzt schien es, als könnte wenigstens der Kern dessen übrig bleiben, was einst ein strahlendes Symbol für die Konsumfreude der Nachkriegsdeutschen war. Quelle sollte nicht ganz verschwinden. Nun aber geht das traditionsreiche Versandhaus doch unter.

Am Ende lief den Verantwortlichen, ganz banal, die Zeit davon. Am heutigen Dienstag endet bei den großen und wichtigen Lieferanten die Bestellfrist für jene Ware, die mit dem Frühjahr-/Sommer-Katalog 2010 verkauft werden sollte. Hopp oder top, lautete daher am Montag die Devise für die potentiellen Übernehmer.

Sie stiegen im letzten Moment aus, nachdem ihre Verhandlungen mit den Banken gescheitert waren.

Allen voran die Essener Valovis-Bank. Einst gehörte sie pikanterweise selbst zum Quelle-Konzern. Seit Jahren stellte sie mit dem branchenüblichen, komplizierten Factoring-Konstrukt die laufende Finanzierung des fränkischen Versandhauses sicher. Doch von alter Familiennähe war nichts mehr zu spüren.

Offenbar verweigerte Valovis nun den Investoren eine verbindliche Garantie, im Falle einer Übernahme auch über den 1. Januar 2010 hinaus die Quelle-Geschäfte am Laufen zu halten. Man darf gespannt sein, was die Gründe für diese Weigerung waren. Und man wird hinterfragen müssen, wie sich die beiden anderen, im Hintergrund beteiligten Banken, die Landesbank BayernLB und die Commerzbank, verhalten haben. Bei beiden mischt der Staat kräftig mit.

Den drei Finanzinstituten einfach so die Schuld für das Quelle-Drama zuzuschieben, würde jedoch zu kurz greifen. Die Finanzkrise und ihre Folgen zwingt sie vernünftigerweise dazu, riskante Geschäfte doppelt kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu vermeiden. Und Factoring in dieser Form ist ein riskantes Geschäft. Was die BayernLB und die Commerzbank angeht, ist die Vorsicht auch im Interesse der deutschen Steuerzahler, die beide Geldhäuser mit Milliardensummen stützen.

Nein, ruiniert haben Quelle ganz andere.

Gewissenlose Manager, die sehr lange keine Konzepte für den Versandhandel in Internetzeiten hatten. Die Quelle mit Karstadt fusionierten und dann auch noch den unmittelbaren Konkurrenten Neckermann ins Boot holten, ohne dass sie mit den einzelnen Marken sinnvoll umzugehen wussten. Sie bastelten einen unübersichtlichen Konzern, der immer wieder um- und neuorganisiert wurde. Zeitweise wechselten die Verantwortlichen und die Konzepte schneller als die Warenkollektionen im Katalog.

Auch Madeleine Schickedanz trägt Verantwortung, die Quelle-Erbin, die sich nie richtig um ihre Hinterlassenschaft kümmerte, sondern unentschlossen und schließlich hilflos herumlavierte. Sie saß dem Vermögensverwalter Josef Esch und der Privatbank Sal. Oppenheim auf, die rund um Quelle und Karstadt ein brüchiges Imperium schufen.

Schickedanz hat darüber einige Milliarden Euro ihres Privatvermögens verloren. Die anderen Versager haben sich freilich längst verdrückt, nicht selten mit stattlichen Abfindungen. Geblieben sind zum Schluss gut 10.000 Beschäftigte. Nur für einen Bruchteil von ihnen gibt es eine Zukunft.

3700 Menschen haben ihre Arbeitsplätze bereits verloren, viele tausend andere werden nun folgen. Sie zahlen nun die Zeche für gravierende Managementfehler, die größtenteils schon Jahre zurückliegen.

Diese Quelle ist versiegt.

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