Public Image:Der Flair von Tiffany und Chanel

Public Image: Illustrationen: Stefan Dimitrov

Illustrationen: Stefan Dimitrov

Das öffentliche Bild von Privatbanken hat seit der Finanzkrise stark gelitten. Nun haben zwei Schweizer Institute neue Marketingleiterinnen eingestellt, die sich mit Luxus auskennen.

Von Katharina Wetzel

Was denken Sie, wenn der Name Tiffany fällt? Vielleicht erinnern Sie sich an die Filmszene aus "Frühstück bei Tiffany". Das Geld des Partygirls Holly Golightly und ihres Nachbarn reicht gerade für die Gravur eines mitgebrachten Blechrings aus einer Bonbonpackung. Und der Verkäufer ist so geduldig und freundlich, wie man es sich eben wünscht. "Hab ich's dir nicht gesagt: Tiffany ist fantastisch!", sagt eine entzückte Golightly, gespielt von Audrey Hepburn. Noch heute zehren die Marke und die berühmte New Yorker Filiale des Juweliers von dieser Botschaft. Große Wünsche können wahr werden - auch mit kleinem Geldbeutel. Von so einem Image sind die meisten Privatbanken und Vermögensverwalter weit entfernt. Die Marken vieler Banken sind heute eher negativ besetzt. In Wall-Street-Filmen geht es um gierige Banker und dreiste Abzocker, die sich am Zusammensturz des Finanzsystems bereichern wollen.

Vor diesem Hintergrund sind zwei Personalien, die kürzlich vermeldet wurden doch erwähnenswert. Die Schweizer Banken Julius Bär und Lombard Odier haben neue Marketingverantwortliche eingestellt, die beide viele Jahre in der Luxusgüterbranche gearbeitet haben. Florence Rollet hat unter anderem bei der LVMH-Gruppe und beim Parfüm- und Kosmetikkonzern Coty in Führungspositionen gearbeitet, zuletzt war sie bei Tiffany als Group Vice President EMEA tätig. Nun soll sie Julius Bär als internationale Premium-Marke weiter verankern. Joséphine Verine war bereits für Häuser wie Dior, Céline, Armani und Louis Vuitton tätig und hat auch schon als Innendesignerin gearbeitet. Bevor nun Lombard Odier für sie eigens eine neue Marketingposition schuf, war sie drei Jahre als Managing Director in der Haute-Couture-Abteilung von Chanel.

Auf den ersten Blick mag dies überraschen. Doch die Ernennung zeigt auch, vor welchen Herausforderungen die Branche steht. Negativzinsen und eine seit der Finanzkrise zunehmende Regulierung drücken auf die Margen. Neue junge Finanztechnologieunternehmen dringen in den ohnehin schon sehr wettbewerbsintensiven Markt. Sogenannte Robo-Advisor bieten kostengünstig die Verwaltung von Vermögen an und drohen, teure Beratungsmodelle überflüssig zu machen. "Auch in der Schweiz ist das Private Banking kein Selbstläufer mehr. Die Institute müssen sich sehr anstrengen, um die Kunden zu halten", sagt Oliver Mihm, Vorstand der auf den Finanzmarkt spezialisierten Managementberatung Investors Marketing.

Wer Negativzinsen verlangen will, muss etwas bieten oder braucht eine besondere Strategie

Der Genfer Vermögensverwalter Lombard Odier etwa war 2015 der erste, der auf Kundeneinlagen Strafgebühren verlangte. Das Institut gab damit die Strafgebühr weiter, die die Schweizer Nationalbank erhebt. Andere, auch deutsche Institute, haben mittlerweile nachgezogen. Nicht alle vermögenden Kunden haben für die höheren Gebühren oder Strafzinsen Verständnis. Wer mehr bezahlt, möchte dafür in der Regel etwas als Gegenleistung haben. Eine gute Beratung, das passende Produkt oder wenigstens das Gefühl davon. "Das Problem vor dem die Banken stehen, ist, dass ihr Produkt nicht besonders attraktiv und spannend ist. Firmen wie Tiffany oder Chanel können leichter Lust auslösen. Die neuen Marketingleiterinnen stehen vor der Aufgabe, Finanzprodukte ähnlich begehrenswert zu machen", sagt Mihm.

Die dicht aufeinander folgenden Ernennungen von Rollet und Verine erscheinen zwar einerseits zufällig. Andererseits überlassen altehrwürdige Privatbanken ungern Dinge dem Zufall. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass die Schweizer Institute sich diesen Schritt wohl überlegt haben und in der Branche Zeichen setzen wollen. So wurden nach der Finanzkrise den Banken doch auch immer wieder Silodenken und Machogehabe vorgeworfen.

Viele Luxusgüterfirmen beherrschen es, Emotionen zu wecken und Kaufimpulse auszulösen - gerade auch bei der weiblichen Klientel. Die Ernennung ist daher wohl auch mit der Hoffnung verbunden, von deren Flair etwas für das eigene Haus zu gewinnen und mehr weibliche vermögende Anleger zu erreichen. Die Gemeinsamkeiten von Luxusgüterfirmen und den Vermögenssparten von Privatbanken sind größer als sie auf den ersten Blick aussehen mögen. Angefangen von der anspruchsvollen Klientel, die oftmals dieselbe ist. "Wer lange in der Luxusgüterbranche gearbeitet hat, bringt ein großes Verständnis für die Zielgruppe mit, und dazu die passenden Umgangsformen und das Auftreten", sagt Jürgen Müller, Geschäftsführer der Personalberatung Suits in München. Ein gutes visuelles Verständnis hilft nicht nur bei der Planung und Organisation eines Defilees oder der Einrichtung einer neuen Filiale. Auch der Auftritt einer Finanzinstitution, angefangen vom Firmensitz bis hin zu Kundenveranstaltungen muss ähnlich durchdacht sein.

Der Kreativität sind jedoch Grenzen gesetzt. Von einer Bank erwarten Kunden Seriosität. "Es hängt von dem Verständnis der Privatbanken ab, inwieweit sie sich auf kreative Kapriolen einlassen", sagt Müller. Dennoch dürfte auf Verine und Rollet keine allzu große Umstellung zukommen. "Große Luxusgüterfirmen werden zentralistisch geführt. Je größer die Marke desto stärker braucht es Kontrolle", sagt Müller. Auch bei relativ konservativen Privatbanken herrschen nicht gerade flache Hierarchien.

Bedeutend ist es in jedem Fall, die Philosophie des jeweiligen Hauses zu verstehen. Der Marketingexpertin Rollet dürfte dies nicht schwerfallen. "Das Wichtigste - sowohl für Männer als auch Frauen - ist es, sich der jeweiligen Geschäftskultur anzupassen", sagte Rollet einst in einem Interview. Über das Marketingbudget, das Rollet und Verine verantworten, geben die Institute keine Auskunft. Ebenso möchten die Banken erst die ersten 100 Tage im Amt abwarten, ehe Verine und Rollet Interviews geben dürfen. Eine große neue Offensive mit veränderter Marketingstrategie ist wohl eher nicht zu erwarten.

"Die Institute sind zur Zeit sehr zurückhaltend mit ihren Marketingbudgets. Nur wenige Häuser erhöhen gezielt die Budgets und investieren", sagt Mihm. Andreas Küchle, Leiter Marketing bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg, schätzt, dass in den vergangenen Jahren die Budgets in der Finanzbranche sukzessive reduziert wurden. Ob andere Banken den Schweizer Instituten, die oft Vorreiter sind, folgen, wird sich zeigen. "Besetzungen gehen leicht schief, wenn die Beteiligten vorher nicht ihre Erwartungen gegenseitig abgeklopft haben", warnt Müller. Selbst dann kommt es mitunter zum Bruch, wenn sich herausstellt, dass Veränderungen sich nicht so umsetzen ließen wie gedacht.

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