Prozess:Deutsche-Bank-Mitarbeiter könnten wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis kommen

Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt

Insider meinen, die Deutsche Bank habe ihre Manager unter Druck gesetzt und hohe Profite verlangt, aber die Geschäfte nur mangelhaft kontrolliert.

(Foto: Arne Dedert/dpa)
  • In keinem Bankenprozess schickte die Justiz bisher einen der Angeklagten ins Gefängnis. Das könnte sich jetzt ändern.
  • In einem Frankfurter Fall wegen Steuerhinterziehung können nur vier von acht Angeklagten auf Bewährung hoffen - wenn sie gestehen.

Von Klaus Ott, Frankfurt

Wenn in einem Monat vor dem Landgericht Frankfurt die Anklage mit dem Aktenzeichen 7510 Js 209624/11 WI aufgerufen wird, dann wissen die acht angeblichen Missetäter der Deutschen Bank genau, was sie erwartet: ein strenger Richter und die Aussicht auf Gefängnis. Und sie wissen erst recht, was von ihnen erwartet wird: Geständnisse! Nur in diesem Fall, das hat Richter Martin Bach bereits wissen lassen, könnten vier der acht Angeklagten nach derzeitigem Stand der Dinge mit Bewährungsstrafen rechnen. Sie müssten also, im Gegensatz zu ihren Kollegen, die keine Gnade erwarten können, nicht hinter Gitter.

So stellt sich vorab die Lage dar für die acht Abteilungsleiter, Händler und Kundenbetreuer der Deutschen Bank, die sich vom 15. Februar an vor der zweiten Strafkammer des Frankfurter Landgerichts verantworten müssen. Sieben von ihnen sind wegen der Vorwürfe seit Langem suspendiert, aber nicht gekündigt. Einer ist schon im Ruhestand. Sie sollen beim An- und Verkauf von Verschmutzungsrechten, von sogenannten CO₂-Zertifikaten, in den Jahren 2009 und 2010 an kriminellen Umsatzsteuerkarussellen mitgewirkt und zugunsten ihres Arbeitgebers Steuern in Höhe von insgesamt 220 Millionen Euro hinterzogen haben. Die Deutsche Bank hat das Geld dem Fiskus zurückgezahlt.

Worauf sich die acht Angeklagten einstellen müssen

Bankenprozesse hat es in Deutschland viele gegeben in den vergangenen Jahren, einige laufen noch. Vorstände großer Geldinstitute standen oder stehen wegen schiefgelaufener Zockereien in Milliardenhöhe oder wegen anderer vermeintlicher Delikte vor Gericht. Aber in keinem Fall schickte die Justiz einen der Angeklagten ins Gefängnis. Das könnte sich jetzt ändern, am Beispiel der Deutschen Bank; dem größten Finanzkonzern im Lande, der seit Jahren in diverse Affären verstrickt ist. Am 2. November 2015 hatte der Vorsitzende Richter der zweiten Strafkammer am Frankfurter Landgericht, Martin Bach, die Verteidiger und Staatsanwälte zur Vorbesprechung gebeten. Bach erklärte, worauf sich die acht Angeklagten nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts einstellen müssten.

Bei vier der mutmaßlichen Steuerhinterzieher kann sich das Gericht im Falle von Geständnissen eine Strafe von zwei Jahren oder etwas mehr vorstellen. Bis maximal zwei Jahre ist laut Gesetz Gefängnis auf Bewährung möglich. Bei den anderen vier Managern und Mitarbeitern des Geldinstituts nannte der Vorsitzende Richter rund vier Jahre als Strafmaß, und selbst das nur, wenn die Vorwürfe zugegeben werden. Andersfalls könnte ein Gefängnisurteil noch deutlich höher ausfallen. Das sind alles nur vorläufige Einschätzungen des Gerichts, das auf mehrere Monate angesetzte Verfahren bleibt abzuwarten. Das Gericht äußert sich dazu nicht.

Richter Bach greift bei kriminellen Geschäften zulasten der Finanzämter hart durch. Ende 2011 hat seine Strafkammer sechs Geschäftsleute aus dem In- und Ausland, deren Firmen beim Handel mit CO₂-Zertifikaten die Finanzbehörden um hohe Millionenbeträge betrogen hatten, zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Die Täter und ihre Firmen waren Kunden der Deutschen Bank gewesen. Der Handel mit Verschmutzungsrechten hätte der Umwelt nützen sollen. Die Emission von Schadstoffen sollte teuer und unrentabel werden. So aber wurde der Fiskus ausgenommen.

Bußgeldverfahren gegen die Bank wäre möglich

Über die Praktiken der Deutschen Bank beim CO₂-Handel waren in dem Prozess im Jahr 2011 viele peinliche Details zur Sprache gekommen. Das Geldinstitut selbst hat, nach langem Zögern, inzwischen große Missstände zugegeben. In einem von der Bank in Auftrag gegebenem Prüfreport steht, intern sei bei den CO₂-Geschäften frühzeitig klar gewesen, dass alle als Kunden akzeptierte Firmen "Merkmale" für Umsatzsteuerbetrügereien aufgewiesen hätten. Dennoch habe man mit diesen Firmen Geschäfte gemacht.

Bei Umsatzsteuerkarussellen wird die Ware in Grenzen hinweg im Kreise gehandelt. Am Ende lässt sich eine Firma vom Finanzamt Abgaben erstatten, die andere Unternehmen der Behörde zuvor schuldig geblieben sind. Ehe die Beamten merken, was gespielt wird, haben sich die illegal agierenden Firmen in der Regel aufgelöst.

Beim CO₂-Handel indes hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt rechtzeitig zugeschlagen. Dass kriminell agiert wurde, steht außer Frage. Die jetzt entscheidende Frage ist, ob auch die acht angeklagten Manager und Mitarbeiter der Deutschen Bank gegen das Gesetz verstoßen haben. Die Verteidiger äußern sich nicht dazu. "Wir führen keine Prozesse über die Presse", sagt einer von ihnen.

Aus Kreisen von Verfahrens-Beteiligten ist aber zu hören, wie in den Reihen der Verteidiger die Lage gesehen wird. Die acht Angeklagten hätten keinerlei Vorsatz gehabt, den Fiskus zu schädigen. Sie hätten möglicherweise leichtfertig agiert, das ja. Doch die Hauptschuld treffe die Deutsche Bank. Die habe von ihren Managern hohe Profite verlangt, habe intern hohen Druck aufgebaut, und andererseits die Geschäfte nur mangelhaft kontrolliert. "Massives Organisationsverschulden" sei das gewesen. Eigentlich müsste die Deutsche Bank verfolgt werden und nicht einzelne Mitarbeiter.

Ein Bußgeldverfahren gegen die Bank wäre möglich, doch ein solches läuft nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt unterstellt einigen Angeklagten vielmehr, sie hätten in der Bank Verdachtsmomente teilweise verschwiegen und so eine vorzeitige Beendigung der CO₂-Geschäfte verhindert. Nun ist das Gericht gefordert.

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