Prozess gegen frühen BayernLB-Vorstand:Gribkowsky braucht eine Pause

Der frühere BayernLB-Vorstand Gribkowsky gab bisher stets den selbstbewussten, fröhlichen und kultivierten Manager. Nach mehr als einem Jahr Untersuchungshaft und drei Monaten vor Gericht wird der Prozess gegen Gribkowsky nun unterbrochen. Der Angeklagte ist offenbar krank. Das Verfahren dürfte sich nun noch länger hinziehen.

Klaus Ott und Nicolas Richter

Gerhard Gribkowsky hat vor dem Landgericht München immer eine gute Figur abgegeben. Vom ersten Prozesstag an gab er den selbstbewussten, fröhlichen und kultivierten Manager, der so wirkte, als sei er nur zufällig in ein Strafverfahren geraten, aus dem er sich zielsicher und elegant wieder herauswinden würde.

Gribkowsky nicht verhandlungsfähig

Derzeit nicht verhandlungsfähig: Der frühere Risikomanager der BayernLB, Gerhard Gribkowsky.

(Foto: dpa)

Wenn seine Familie im Saal war, zwinkerte er seiner Mutter zu oder umarmte seinen Sohn, als seien sie es, die Trost bräuchten und nicht er, der wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung angeklagt ist. Absprachen beim Verkauf der Formel 1 haben dem damaligen Vorstand der Bayerischen Landesbank ein Multi-Millionen-Dollar-Vermögen eingebracht, das ihm aus Sicht der Staatsanwaltschaft allerdings nicht zusteht.

Nach drei Monaten vor Gericht und mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft aber braucht der 53-jährige Gribkowsky jetzt dringend eine Pause. Er ist offenbar körperlich erkrankt. Wie schwer, müssen jetzt medizinische Untersuchungen zeigen. Vom Ergebnis hängt ab, ob und wie es mit dem Prozess weitergeht.

Der Angeklagte hat anfangs wohl geglaubt, er könne einstweilen weiter vor Gericht erscheinen. Doch dann zeigte sich, dass das nicht geht. Ein psychiatrischer Sachverständiger erklärte am Freitag dem Landgericht München in nicht-öffentlicher Sitzung, Gribkowsky sei möglicherweise nicht verhandlungsfähig. Die Situation sei für ihn psychisch sehr schwierig. Gerichtssprecherin Margarete Nötzel sagte: "Die gesundheitlichen Probleme haben zu einer erheblichen seelischen Belastung geführt."

Der Vorsitzende Richter Peter Noll hat den Prozess bis zum 27. Februar unterbrochen. Der Gutachter soll sich nun intensiv mit dem Angeklagten beschäftigen und dann abermals zu dessen Verhandlungsfähigkeit äußern. Gribkowskys Verteidiger Daniel Amelung lobte den Vorsitzenden: "Richter Noll hat sich absolut vorbildlich verhalten. Er hat sich sehr dafür eingesetzt, dass unser Mandant die notwendigen ärztlichen Behandlungen erhält." Schwierigkeiten hatten sich schon am Mittwoch angedeutet, als die Öffentlichkeit zum ersten Mal vom Prozess ausgeschlossen worden war. Gribkowsky war damals äußerlich nichts anzumerken.

Anwälte rügen Haftumstände

Seine Anwälte hatten jüngst immer wieder die Umstände seiner Haft gerügt. Der Verteidiger Dirk Petri erklärte der Deutschen Presse-Agentur, die Justiz nutze die Untersuchungshaft bei Wirtschaftsstraftaten weniger wegen Flucht- oder Verdunklungsgefahr, sondern um Druck aufzubauen. So solle ein Geständnis erzwungen werden.

In Justizkreisen heißt es seit längerem, dass Gribkowskys äußere Lockerheit nicht dessen wahres Seelenleben wiedergeben könne. Wer früher das Leben als Manager genossen habe, müsse erheblich darunter leiden, dass er plötzlich in einer Zelle lebe und überdies Vermögen und Ansehen verliere.

Einen Hinweis auf die Tücken des Lebens in Haft gibt der Umstand, dass der stets makellos gekleidete Gribkowsky während der Verhandlungen oft belegte Semmeln oder Brezen isst, die seine Verteidiger ihm mitbringen. Unklar ist, ob ihm der frühe Gefangenentransport keine Zeit für das Frühstück lässt oder ob er Abwechslung möchte von der trostlosen Gefängniskost.

Der Prozess gegen Gribkowsky zieht sich überdies in die Länge. Erst kürzlich hatte das Gericht weitere Verhandlungstermine bis Ende April angesetzt, angesichts der Unterbrechung könnte sich das Verfahren noch bis Pfingsten hinziehen. Weil das Gericht eine Fülle unübersichtlicher Sachverhalte durchleuchten muss, manche Zeugen einander widersprechen und Gribkowsky schweigt, ist die Wahrheitssuche zäh.

Der Prozessverlauf lässt nicht erkennen, dass Gribkowsky unmittelbar vor einem Freispruch steht. In dieser Woche hat der Bundesgerichtshof zudem entschieden, dass Steuerhinterziehung in Millionenhöhe in der Regel mit Haft zu bestrafen sei. Gribkowsky soll Steuern in Höhe mehrerer Millionen Euro hinterzogen haben. Ein Deal zwischen Anklage und Verteidigung ist bislang nicht in Sicht.

Wirtschaftsstrafverfahren scheitern selten an gesundheitlichen Problemen der Angeklagten. Das Bestechungsverfahren gegen den Entsorgungsunternehmer Hellmut Trienekens zum Beispiel endete wegen einer Herzerkrankung. Im Strafprozess um die Herstatt-Bank in den 80er Jahren wurde der Manager Dany Dattel für verhandlungsunfähig erklärt, weil er am KZ-Syndrom litt.

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