Proteste:Eisenhart und besorgt

Stahl-Aktionstag der IG Metall

Berlin, Duisburg, Saarland: Die Mitarbeiter von Thyssen-Krupp demonstrieren. Im Saarland tragen die Arbeiter die martialischen Masken der Comicfigur Iron Man.

(Foto: Oliver Dietze/dpa)

Bei landesweiten Demonstrationen verlangen die Stahlarbeiter Hilfe für ihre gebeutelte Branche. Sigmar Gabriel tut, was ein Wirtschaftsminister da tun kann: Er macht Mut, er verspricht und er lobt sich selbst.

Von Varinia Bernau

Die Produktion in Deutschlands größtem Stahlwerk haben sie schon am Morgen gestoppt. 13 000 Mitarbeiter beschäftigt Thyssen-Krupp auf dem weitläufigen Gelände im Norden von Duisburg. Nun aber stehen mehr als 17 000 Menschen zwischen den Hochöfen und Gleisen. Sie tragen die abgewetzte Arbeitskluft, die Helme haben sie meist gegen rote Schirmmützen von der Gewerkschaft getauscht. Selbst der Vorstand von Thyssens Stahlsparte ist zu der Protestaktion gekommen, zu der die IG Metall aufgerufen hat. Nicht nur in Duisburg. Auch vor den Stahlwerken im Saarland demonstrieren sie an diesem Montag, hier tragen die Arbeiter die martialischen Masken der Comicfigur Iron Man (Foto). In Berlin stehen sie vor dem Bundeskanzleramt.

Sie alle eint eine Sorge: Dass die massenhaften Einfuhren von billigem Stahl aus China und noch höhere Kosten durch verschärfte Klima- und Energieauflagen in Europa das Ende der hiesigen Stahlindustrie bringen. Deshalb haben sie ein Plakat mitgebracht: "Stirbt der Stahl, stirbt unsere Kraft." Das ist natürlich auch ein Signal an Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die am frühen Nachmittag im roten Jackett auf die Bühne tritt. Auch die Politiker haben ein Problem, wenn in der Stadt im Ruhrgebiet, die schon so viele Jobs zuvor verloren hat, nun noch die Hälfte der Jobs im Werk von Thyssen-Krupp wegfällt, wie der hiesige Betriebsrat befürchtet.

Mit dem Namen des Bundeswirtschaftsministers hätte dieses Wortspiel nicht geklappt. Dass die Erwartungen an Sigmar Gabriel, der ebenso wie Parteikollegin Kraft unter den schrumpfenden Umfragwerten für die SPD leidet, noch größer sind, lässt sich erahnen, als er eine Stunde später vors Mikrofon tritt. Da schallen immer wieder Buh-Rufe durch die Menge.

Dabei tut Gabriel, was ein Wirtschaftsminister an solch einem Tag tun kann: Er erinnert daran, dass sich die deutsche Regierung um die Jahrtausendwende nicht wie andere "diesen Unsinn von der New Economy an den Finanzmärkten" habe einreden lassen und dies ein Grund dafür sei, dass das Land gut durch die Krisen gekommen ist. Deutschland werde sich dafür einsetzen, den Ausstoß des Kohlenstoffdioxids bis 2020 um 20 Prozent zu senken, verspricht er. Aber das von der EU-Kommission ausgegebene Ziel, den industriellen Anteil an der Wirtschaft auf 20 Prozent zu erhöhen, sei genauso wichtig. "Kein Inder, kein Chinese folgt den Europäern beim Kampf für den Klimaschutz, wenn sie sehen, dass das weniger Wohlstand bedeutet." Er betont, dass er sich in Brüssel weiter für Strafzölle auf chinesische Billigimporte einsetzen werde, auch wenn das manche in der Regierung nicht so gut finden, weil sie keinen Handelskrieg mit China wollen. "Aber wer sich in der Welt Respekt verschaffen will, der muss für seine Überzeugungen einstehen statt den Schwanz einzuziehen."

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