Protektionismus:Handelsstreit zwischen USA und China eskaliert

Zusammenstoß zweiter Wirtschaftsgiganten: Peking reagiert auf die neuen US-Schutzzölle für Reifen mit Importbeschränkungen für Autoteile und Geflügel.

Moritz Koch, New York

Der Handelsstreit zwischen den USA und China verschärft sich. Nachdem Washington am Freitag chinesische Autoreifen mit einem Schutzzoll belegt hatte, leitete Peking in der Nacht zum Montag ein Verfahren ein, das auf Importhürden in China für amerikanische Autoteile und Geflügelprodukte hinausläuft.

Zugleich unternahmen die Chinesen Schritte in Richtung einer Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO). Die Zölle seien "missbräuchlich" und "gegen die Regeln" des Welthandels, erklärte die chinesische Botschaft in Genf, wo auch die WTO ihren Sitz hat.

Auch der Sprecher des Pekinger Handelsministeriums betonte, die US-Zölle "verletzen die WTO-Regeln". Der Streit droht sich zu einem ernsten Konflikt zwischen den Weltmächten auszuwachsen.

Innenpolitische Motive

Beide Seiten geben vor, sich an geltendes Recht zu halten, handeln aber aus innenpolitischen Motiven. Die USA nutzten erstmals eine Klausel, nach der Handelsschranken errichtet werden, wenn Importe innerhalb weniger Jahre drastisch steigen.

US-Präsident Barack Obama will sich auf diese Weise die Unterstützung der Gewerkschaften sichern. Die Arbeitnehmervertreter hatten den Zoll seit langem gefordert. China stützt seinen Maßnahmen auf die Anti-Dumping-Regeln der WTO. Sie erlauben Einfuhrzölle, wenn ein Staat seine Waren im Ausland unter Herstellungskosten anbietet, um Konkurrenten zu verdrängen. Der Gegenschlag ist ein Zeichen an die Bevölkerung. Er soll zeigen, dass China sich wehren kann.

Spannungen zwischen beiden Mächten gibt es seit Jahren. Die USA und China sind Rivalen um die Rolle der wirtschaftlichen Führungsnation, doch ihr Schicksal ist miteinander verknüpft.

Brisante Konstellation

Amerika ist Chinas wichtigster Absatzmarkt, gleichzeitig ist China Amerikas wichtigster Finanzier. Die USA sind hochverschuldet. Sie können die chinesischen Importe nicht mit Überschüssen, sondern nur mit neuen Schulden bezahlen. China leiht Amerika also Geld, damit Amerika Chinas Produkte kaufen kann.

Dahinter steht ein wirtschaftspolitisches Kalkül. Indem Peking in Dollar-Anleihen investiert, drückt es den Wert der eigenen Währung. Das macht chinesische Exporte billiger und hilft der heimischen Industrie. Zugleich aber schürt es Konflikte. Während sich Chinas Fabriken über Aufträge aus Amerika freuen, verschwinden in den USA gutbezahlte Industriearbeitsplätze.

Die Amerikaner importieren seit Anfang der neunziger Jahre mehr als sie exportieren. Im Handel mit China ist die Lücke besonders groß. 2008 betrug das Defizit 270 Milliarden Dollar - ein Rekord.

Angst um Jobs

Wegen der Rezession und der dadurch gedämpften Nachfrage der USA schrumpfte der Fehlbetrag zu Jahresbeginn zwar stark. Seit sich die Wirtschaft aber erholt, steigen Chinas Exporte wieder, während Amerikas Ausfuhren stagnieren.

China befürchtet, dass Obama auch in anderen Branchen Zölle erheben wird, zumal die Krise die Angst der Amerikaner um ihre Jobs verstärkt hat. Allerdings haben die USA kein Interesse an einer Eskalation. Sie brauchen das Geld der Chinesen, um ihre Ausgaben zu finanzieren, etwa das 790 Milliarden Dollar teure Konjunkturprogramm. Vielmehr könnten sich andere Staaten ermutigt fühlen, dem US-Beispiel zu folgen und ebenfalls Handelsbarrieren aufbauen.

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