Prognose:DIW sagt verhaltenen Konjunkturaufschwung voraus

Trotz Konjunkturerholung bleibt die Bundesrepublik nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Schlusslicht in Europa und weit hinter den USA zurück. Den starken Euro bezeichneten sie als größte Gefahr für den Aufwärtstrend.

Das DIW prognostizierte am Dienstag für Deutschland in diesem und im nächsten Jahr ein Wirtschaftswachstum von jeweils 1,4 Prozent. Dies sei "ein Aufschwung ohne Schwung, ohne Saft und Kraft", betonten die Berliner Wissenschaftler. Nach drei Jahren hart am Rande der Rezession kann nach DIW-Darstellung dennoch von einem Aufbruch gesprochen werden. ´

Die "Jahre der Dürre" seien vorbei, sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann. Auf dem Arbeitsmarkt wird sich vorerst nichts tun. Er wird erst 2005 von der Konjunkturerholung profitieren. 2004 werde die Zahl der Arbeitslosen durchschnittlich 4,3 Millionen betragen und damit etwas niedriger als im Vorjahr sein, berichtete das DIW in seiner Neujahrsprognose. "Für 2005 wird ein kräftigerer Rückgang um 125.000 Personen erwartet."

Mit ihrer Konjunkturschätzung für dieses Jahr blieben die Forscher unter der Aussage des Herbstgutachtens, in dem das DIW und die anderen führenden Wirtschaftsforschungsinstitute noch 1,7 Prozent vermutet hatten. Die Bundesregierung geht von 1,5 bis 2,0 Prozent aus. "Wir haben weiter das Phänomen", dass Deutschland hinter der europäischen Wachstumsrate, den USA und den asiatischen Spitzenländern zurückbleibe, erklärte Zimmermann. Der Euroraum schaffe dieses Jahr 1,7 und nächstes Jahr 2,1 Prozent, die USA 4,2 und 3,5 Prozent.

Ostdeutschland wird auch 2004 nicht mit der Entwicklung im Westen Schritt halten. Das Wachstum wird vor allem in den alten Ländern erzeugt.

Triebkraft sind laut DIW nämlich weiter die Exporte, insbesondere durch den Wirtschaftsboom in den USA. Er sorgt den Angaben zufolge für einen kräftigen Zuwachs der Ausfuhren. Da die ostdeutsche Wirtschaft nicht besonders exportorientiert sei, profitiere sie nur marginal davon, sagte DIW-Konjunkturexperte Gustav Horn.

Unbalancierter Aufschwung der Weltwirtschaft

Horn sprach von einem "unbalancierten Aufschwung" der Weltwirtschaft, der wegen des starken Euro auf schwachen Füßen stehe. Zwar werde die Konjunktur nicht abstürzen, "aber auf sehr schmalen Grat wandeln". Das hohe Außenhandelsdefizit der USA sei ebenfalls ein Risiko für Deutschland. "Das Gespenst der Deflation kann nur vertrieben werden, wenn Wachstum eintritt."

"Achillesferse der deutschen Konjunktur bleibt der private Verbrauch", betonte das DIW. Die Reformbeschlüsse von Regierung und Opposition seien "nicht geeignet, die Konsumschwäche zu durchbrechen". Sie brächten lediglich 0,2 Prozent Wachstum.

Überhaupt gingen von den 1,4 Prozent nur 0,8 Prozent auf konjunkturelle Effekte zurück, der Rest auf die vier zusätzlichen Arbeitstage in diesem Jahr. Allerdings seien die beschlossenen Reformen durchaus geeignet, die Bundesrepublik langfristig auf den Wachstumspfad zurückzubringen. Für übermäßige Steuersenkungen sieht das DIW keinen Spielraum.

Während Deutschland 2004 die Euro-Verschuldungsgrenze mit 3,4 Prozent erneut verfehlen werde, sei für 2005 eine Punktlandung von 3,0 Prozent zu erwarten. Der Maastricht-Vertrag erlaubt beim Staatsdefizit höchstens 3,0 Prozent.

(sueddeutsche.de/AP)

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