Privatisierungvorstoß:Grube warnt vor Zerschlagung der Bahn

Gewerkschaften und Konzernführung der Bahn sind sich einig. Die neuen Anläufe aus der Politik, das Unternehmen teilzuprivatisieren, sehen sie in der derzeitigen Krise skeptisch.

Angesichts von Überlegungen der neuen Koalition zur Bahnprivatisierung haben Konzernführung und Gewerkschaften vor einer Zerschlagung des Unternehmens gewarnt.

Privatisierungvorstoß: Bahn-Chef Rüdiger Grube: "Ich möchte gern einfach, dass wir sympathischer werden."

Bahn-Chef Rüdiger Grube: "Ich möchte gern einfach, dass wir sympathischer werden."

(Foto: Foto: dpa)

Sie forderten zusammen mit der Allianz pro Schiene am Dienstag in Berlin vielmehr eine Investitionsoffensive und klare Ziele zur Erhöhung des Verkehrsanteils der Schiene und zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes im Verkehr insgesamt.

Bahnchef Rüdiger Grube sagte, er wolle den Börsengang des Konzerns "als Option behalten". Er wäre jedoch "mit dem Klammerbeutel gepudert", wenn er dies in der jetzigen Krise angehen würde. "Das wäre eine Wertvernichtung des Unternehmens." Er sei nur zu einem Börsengang bereit, wenn der Wert des Unternehmens beim Verkauf der Anteile erzielt würde.

Festschreibung im Koalitionsvertrag angekündigt

Zuvor hatten Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) und der FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring einen neuen Anlauf zur Privatisierung des Unternehmens und die Festschreibung dieses Vorhabens im Koalitionsvertrag angekündigt.

Es stand allerdings auch in der Vereinbarung der Großen Koalition, die angesichts der Finanzkrise Ende 2008 jedoch den bereits terminierten Gang auf den Kapitalmarkt vorerst aufgab.

Der Bahnchef warnte ebenso wie die Gewerkschaften Transnet und GDBA davor, die Bahn zu zerschlagen. Nur der integrierte Konzern könne die Leistungen der Bahn auf dem derzeitigen Niveau halten und verbessern, sagte Grube.

Er lobte insbesondere den Bahn-internen Arbeitsmarkt, der beispielsweise ermögliche, die durch den Rückgang im Güterverkehr freiwerdenden Arbeitskräfte bei den Infrastrukturmaßnahmen aus den Konjunkturpaketen einzusetzen.

25 Prozent Güter auf die Schiene bis 2020 gefordert

Die Allianz pro Schiene forderte zugleich eine zielorientierte Verkehrspolitik, die eine Erhöhung des Anteils der Schiene mit Zahlen festschreibe.

Geschäftsführer Dirk Flege nannte als Marken für 2020 eine Steigerung des Schienenanteils im Güterverkehr von rund 17,4 in 2008 auf 25 und im Personenverkehr von 7,8 auf 15 Prozent. Flege sagte, die Schienenverkehrswirtschaft wäre "kreuzunglücklich", wenn jetzt wieder über die Privatisierung diskutiert würde, bevor Ziele für den Verkehr der Zukunft vereinbart würden.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen forderte eine Fortschreibung des Masterplans Güterverkehr, den die Große Koalition vorgelegt hat, und eine Ergänzung mit einem Masterplan Personenverkehr.

Klaus Baur, der Präsident des Verbandes der Bahnindustrie, verlangte von der neuen Bundesregierung eine Zusammenlegung der Forschungs- und Entwicklungsförderung beim Verkehrsministerium. Zurzeit kümmerten sich fünf Ministerien um die Förderung des Schienenverkehrs, die darüber hinaus zu gering sei.

Gemäßigte Preispolitik

Zur Preispolitik der Bahn sagte Konzernchef Grube, dass in den nächsten Tagen über eine Preiserhöhung entschieden würde. Grube deutete allerdings eine gemäßigte Preispolitik an. Er werde abwägen: "Ich habe die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens im Auge, aber auch die Kunden", sagte er.

"Ich möchte gern einfach, dass wir sympathischer werden." Innerhalb von sieben bis 14 Tagen werde es eine Entscheidung geben. Die Preise werden im allgemeinen im Dezember zum Fahrplanwechsel geändert.

Die Bahn war im Zuge von Pannen beim ICE und vor allem bei der Berliner S-Bahn in den letzten Monaten in die Kritik geraten. Zudem waren in den vergangenen Jahren Preiserhöhungen sowohl im Nah- wie im Fernverkehr stets mit stark gestiegenen Treibstoffkosten begründet worden. Dieses Argument fällt nun weg. Auch die Inflationsrate in Deutschland liegt in diesem Jahr bei Null.

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