Private Post-Konkurrenten:Weite Wege, hohe Kosten

Die Konkurrenten der Post behaupten, dass sie mit dem neuen Mindestlohn in vielen Regionen keine Briefträger einstellen können. Dies ist einer der Wettbewerbsnachteile der privaten Anbieter.

Henning Hinze

Warum sind 9,80 Euro Stundenlohn für einen Briefträger eigentlich zu viel? Bei einer 40-Stunden-Woche bekommt er knapp 400 Euro pro Woche, was nicht üppig ist.

Die neuen Briefdienstleister schimpfen trotzdem darüber, dass es zu viel Geld sei, das die Große Koalition den Postboten in der vergangenen Woche als Mindestlohn zugesprochen hat, nachdem die Deutsche Post und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Summe zuvor für die Angestellten im Westen vereinbart hatte. Die Konkurrenten hatten monatelang eine Grenze von 7,50 Euro gefordert - und behaupten, dass sie sonst in vielen Regionen keine Briefträger einstellen können, weil es sich nicht rechnet.

Inzwischen hat TNT Post angekündigt, zu seinen 6000 Stellen keine weiteren mehr zu schaffen, Konkurrent Pin Group will sogar kurzfristig weit mehr als 1000 seiner 9000 Angestellten entlassen, was die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi grimmig kommentiert: "Der Mindestlohn liegt immer noch 20 bis 40 Prozent unter dem, was die Deutsche Post im Durchschnitt zahlt. Diesen Spielraum haben die Konkurrenten weiterhin. Es sieht eher so aus, als wolle Pin damit Politik machen."

"Es gibt überhaupt keinen politischen Grund", sagte Pin-Chef Günter Thiel am Mittwoch. "Dieser Lohn ist ein Blockadelohn, den wir uns schlicht nicht leisten können." Tatsächlich kämpfen die jungen Postunternehmen wegen hoher Personalkosten mit Verlusten.

Während ein Zusteller der Deutschen Post meist für fast jeden Haushalt einen Brief dabei hat und so 160 in einer Stunde beliefern kann, müssen die Boten der neuen Konkurrenten zur Zeit zehn Prozent aller in Deutschland versandten Briefe unter sich aufteilen und schaffen wegen der weiteren Wege durchschnittlich 20 Haushalte pro Stunde.

Profitabel in Berlin

Der Anteil der Personalkosten an jedem Brief ist deshalb ungleich höher. "In Berlin haben wir heute einen Durchschnittsverdienst von 8,20 Euro. Da beginnen wir profitabel zu arbeiten. Wenn wir den Lohn nun um 20 Prozent erhöhen müssen, sind wir wieder auf dem Stand zu Beginn der Teilliberalisierung des Postmarktes", sagt Thiel.

Welche Schwierigkeiten der Mindestlohn neuen Unternehmen machen kann, erfährt ausgerechnet die Deutsche Post auf dem Heimatmarkt des Konkurrenten TNT, den Niederlanden. Ihre Tochter Selektmail zahlt dort den landesweiten Mindestlohn von 308,10 Euro pro Woche, der für alle Arbeitnehmer gilt, die mindestens 23 Jahre alt sind.

Während die frühere königlich-niederländische Post TPG und heutige TNT dort so üppig verdient wie die Deutsche Post zuhause, verliert Selektmail Geld. Inzwischen fordert TNT-Konzernchef Peter Bakker eine Verschiebung der zum Jahresbeginn geplanten vollständigen Liberalisierung des niederländischen Postmarkts, vor allem, weil den Niederländern das Mehrwertsteuerprivileg der Deutschen Post auf deren Heimatmarkt stört. Die Post soll in Deutschland von der 19-prozentigen Steuer befreit bleiben, weil sie die Grundversorgung sicherstellt.

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