Private Krankenversicherung:Beiträge steigen drastisch

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Die Unternehmen erhöhen die Prämien im kommenden Jahr im Durchschnitt um zwölf Prozent. Schuld daran ist unter anderem der Niedrigzins.

Von Friederike Krieger, Köln

Auf privat Krankenversicherte kommen Anfang 2017 zum Teil drastische Beitragserhöhungen zu. Etwa zwei Drittel der rund neun Millionen Vollversicherten müssen mit Prämienanstiegen von durchschnittlich elf bis zwölf Prozent rechnen. Branchenkreise bestätigten entsprechende Medienberichte. In Einzelfällen könne die Beitragserhöhung sogar bis zu ein Viertel der aktuellen Prämie betragen.

Vom Marktführer Debeka hieß es: "Bei den meisten unserer Vollversicherten wird es Beitragsanpassungen geben". Wie hoch die Prämienerhöhungen im Schnitt sein werden, will der Versicherer noch nicht sagen: "Wir wollen erst unsere Mitglieder informieren". Ende Oktober gehen die Briefe über die Beitragsanpassungen an die Kunden raus. Die Ergo-Tochter DKV rechnet ebenfalls mit Beitragssteigerungen. "Auch bei der DKV wird es in verschiedenen Tarifen Beitragsüberprüfungen und -anpassungen geben", sagte eine Sprecherin. Die genaue Höhe sei aber erst im Februar abzusehen. Anders als bei den meisten privaten Krankenversicherern passt die DKV die Verträge nicht zum 1. Januar an, sondern zum 1. April. Deshalb erhalten die Versicherten später als bei anderen Unternehmen die unangenehme Post.

Wehren können sich die Versicherten kaum. Wer zu einem anderen privaten Anbieter wechselt, dem geht ein Großteil der sogenannten Alterungsrückstellungen verloren. Der Versicherer bauen sie auf, damit sich die Prämien für Kunden im Alter nicht extrem erhöhen, wenn die medizinische Behandlungskosten steigen.

Auch ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung ist für viele nicht möglich. "Die Versicherten können lediglich versuchen, innerhalb des Unternehmens in einen günstigeren Tarif zu wechseln", sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV).

Man müsse etwa die Inflation von Anfang an einberechnen

Dass die Prämien so stark in die Höhe schnellen, ist nicht überraschend. Schuld sind die steigende Ausgaben aufgrund des medizinischen Fortschritts und der Niedrigzins. Auch die Systematik, mit der Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) erfolgen, spielt eine Rolle. Anders als gesetzliche Krankenkassen, die ihre Beiträge jährlich anpassen können, dürfen die PKV-Unternehmen das erst tun, wenn besondere Sprünge bei den Leistungsausgaben nachweisbar sind. Viele Tarife dürfen erst dann angepasst werden, wenn die Kosten um zehn Prozent gestiegen sind. Dann müssen die Versicherer aber auch andere Faktoren wie das Niedrigzinsumfeld berücksichtigen. Auch deswegen steigen die Prämien so stark.

Der Chef des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, mahnt ein Umdenken bei der Prämienkalkulation an. "Wir fordern schon seit langem, dass auch Inflation und der medizinische Fortschritt von vornherein in die Prämie einkalkuliert werden müssen", sagte er. "Nur so kann man stetigen Prämienerhöhungen Herr werden."

Die CDU will der PKV jährliche Beitragsanpassungen ermöglichen, um die drastischen Sprünge zu vermeiden. "In dieser schwierigen Situation brauchen die privaten Krankenversicherer mehr Flexibilität in der Beitragsgestaltung", sagt Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates der Partei. Dagegen stemmt sich der Koalitionspartner SPD. Die Sozialdemokraten votieren für die Abschaffung der PKV zugunsten einer Bürgerversicherung und wollen den privaten Anbietern daher keine Geschenke machen. Steiger wirft der SPD vor, sie wolle die PKV ausbluten lassen.

Stimmt die Sehstärke? Privatpatienten haben es oft leichter, Termine bei Fachärzten zu bekommen, aber nicht jeder kann sich privat versichern. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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