Praktiker und Max Bahr:Insolvenzverwalter wollen Ergebnis bis September

Praktiker Baumarkt

Eingang eines Praktiker-Baumarktes in Düsseldorf: Wie wird es weitergehen mit der Baumarktkette?

(Foto: dpa)

Wie geht es weiter bei Praktiker und Max Bahr? Mehr als zehn Investoren interessieren sich für die Pleite-Firmen - doch nicht alle 300 Baumärkte in Deutschland dürften überleben. Auch die Reaktion der Kunden spielt eine Rolle.

Von Kristina Läsker, Hamburg

Die von der Pleite bedrohte Praktiker AG und ihre Tochter Max Bahr dürfen auf eine teilweise Rettung hoffen: Es lägen "mehr als zwei Handvoll" Anfragen von Interessenten für die zwei Baumarktketten vor, kündigten die Insolvenzverwalter Christopher Seagon und Jens-Sören Schröder am Dienstag an. Neben Konkurrenten interessiere sich "ein gerüttelt Maß an strategischen und Finanzinvestoren", sagte Seagon. Einige hätten die Gruppe als Ganzes im Blick, einige wollten nur Teile kaufen. "Mein Eindruck ist positiv."

Vergangene Woche hatte nach der börsennotierten Praktiker AG auch die Tochter Max Bahr aus Hamburg Insolvenz beantragt, weil sie zahlungsunfähig und überschuldet ist. Praktiker ist durch eine jahrelange Billigstrategie ("20 Prozent auf alles") an den Rand der Pleite geraten und schreibt seit 2009 Verluste. Max Bahr war dagegen lange profitabel und ist nun durch die gescheiterte Sanierung von Praktiker mit in den Abgrund gerissen worden.

Insgesamt wurden drei vorläufige Insolvenzverwalter eingesetzt. Neben Seagon (Praktiker-Filialen) und Schröder (Max-Bahr-Märkte) kümmert sich Udo Gröner um die Praktiker Holding. Der Investorenprozess wird von der Investmentbank Macquarie Capital begleitet.

Reparaturbedarf im dreistelligen Millionenbereich

Von nächster Woche an dürfen Interessenten Einblick in die Bücher nehmen. Das dürfte für Rivalen wie Obi, Hagebau und Bauhaus von hohem Wert sein - unabhängig vom Kaufinteresse. Die Branche gilt als umkämpft. Konkrete Offerten wollen die Verwalter Anfang September vorlegen.

Es wird heftig spekuliert, welche Kette die Verwalter retten wollen. Ob den Billighändler Praktiker oder die Service-orientierte Tochter Max Bahr. Die Insolvenzverwalter betonten nun, dass sie die zwei Ketten am liebsten gemeinsam als "lebensfähige Einheit" verkaufen würden. Doch das kommt teuer und gilt als unwahrscheinlich: Der "Reparaturbedarf" für die Gruppe bewege sich im dreistelligen Millionenbereich, sagte Seagon. "Diese Fähigkeit müsste ein Investor mitbringen."

Deshalb prüfen die Anwälte parallel eine abgespeckte Lösung. Dabei steht die Rettung von Max Bahr im Fokus, unrentable Praktiker-Märkte stünden vermutlich vor dem Aus. Der Grund: Bei Praktiker ist das Finanzloch größer, und die Rettungskosten sind höher. "Max Bahr ist die Perle in der Gruppe und die Plattform für kurzfristige Lösungen", sagte Anwalt Schröder. Wie viele der insgesamt 300 Baumärkte in Deutschland erhalten bleiben, sei offen. "Ich kann Ihnen heute noch kein konkretes Bild zeichnen", sagte Seagon.

Tausende Jobs sind gefährdet

Tatsächlich ist die Lage von Markt zu Markt verschieden. Die Gruppe zerfällt in drei Teile: Die größte Hoffnung besteht für die 78 Max-Bahr-Märkte, die einst einer Hamburger Familie gehörten, dann an Praktiker verkauft wurden und von denen viele Gewinn erzielen. Weitere 54 rentable Praktiker-Märkte sind in den vergangenen Monaten umgeflaggt worden auf Max Bahr - auch ihre Chancen stehen wohl ganz gut.

Ein gutes Dutzend von ihnen hat allerdings durch die überraschende Insolvenz von Max Bahr ernsthafte Probleme. Weil sie mitten im Umbau stecken und die Millionen zum Weitermachen fehlen. In diesen Märkten gebe es de facto Stillstand, betonte Seagon. Geschlossen würden sie nicht. Die größte Sorgen bereitet die dritte Gruppe. Das sind die 168 Praktiker-Märkte, von denen etliche Verluste einfahren. Sie dürften die geringsten Chancen haben.

Deshalb muss die Belegschaft weiter um ihre Jobs bangen: Die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland liegt laut Verwaltern bei etwa 15.800, einschließlich Teilzeitkräften und geringfügig Beschäftigten. Vor allem die Zukunft der 8300 Arbeitsplätze in den Praktiker-Märkten gilt als gefährdet.

Insolvenzverwalter wollen jetzt die Kunden in den Läden halten

Arbeitnehmervertreter haben bereits vor dem Verlust von bis zu 4000 Stellen gewarnt. "Wenn man ehrlich ist und nichts schönreden will, muss man von der Größenordnung 80 bis 100 Märkte reden, die sich im Moment ernsthaft Sorgen machen müssen", hatte Max-Bahr-Gesamtbetriebsratschef Ulrich Kruse kürzlich gesagt. Auch die Gewerkschaft Verdi warnt vor einer drohenden Zerschlagung des gesamten Konzerns.

Die Insolvenzverwalter betonten, dass sie jetzt vor allem die Kunden in den Läden halten wollen. Die Regale seien keineswegs leer, sagte Seagon. "Wir haben einen ordentlichen Warenbestand." Verbraucherschützer warnen allerdings davor, Produkte auf Vorkasse zu kaufen oder Waren zu erwerben, die Kunden womöglich später umtauschen wollen.

Fraglich bleibt, welche Investoren bei der Rettung wirklich mitziehen. Die österreichische Anker-Aktionärin Isabella de Krassny scheint entmutigt zu sein. Sie hat zuletzt Aktien verkauft. Die von ihr betreute Maseltov Ltd hielt bisher knapp neun Prozent der Anteile, seit Montag sind es nur noch 3,37 Prozent.

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