Prämien-Zahlungen bei Banken:Warum Boni sinnvoll sind

Milliardenverluste und Millionen-Prämien: Immer wieder haben Geldinstitute mit horrenden Bonus-Zahlungen für Aufsehen gesorgt. Damit soll nun Schluss sein. Die EU schreibt künftig vor, dass Boni höchstens das Doppelte des Grundgehalts betragen dürfen. Doch gut gemeint ist nicht gut gemacht.

Ein Kommentar von Björn Finke

Tausende Mitarbeiter werden entlassen, und in den Bilanzen stehen nur magere Gewinne oder gar Milliardenverluste. Britische Finanzinstitute wie die Royal Bank of Scotland, Barclays und Lloyds bereiten ihren Aktionären keine Freude, genauso wenig wie in Deutschland die Commerzbank. Freuen können sich aber die Investmentbanker und andere Top-Manager in den Konzernen: Sie kassieren weiterhin hohe Boni.

Die Vorstandschefs dieser vier Banken stellten in den vergangenen Wochen ihre Jahresabschlüsse vor - und informierten über die Bonustöpfe. Die Millionen-Prämien provozierten jedes Mal harsche Kritik von Politikern. Von Gier-Bankern ist die Rede, von abgehobenen Managern, die aus der Finanzkrise nichts gelernt hätten.

Einziger Trost der Mäkler: In diesem Jahr wird alles anders, die EU schreibt nun vor, dass Boni höchstens das Doppelte des Grundgehalts betragen dürfen. Diese Deckelung soll verhindern, dass Banker bei Geschäften zu große Risiken eingehen, nur um irgendein Gewinnziel zu erreichen und die Prämie zu kassieren. Die Krise soll sich nicht wiederholen.

Deckelung schwächt die Banken

Doch gut gemeint ist nicht gut gemacht. Der Deckel wird Banken schwächen, nicht stärken. Es mag ausgesprochen beliebt sein, Millionen-Boni zu verteufeln, aber in Wirklichkeit erfüllen sie einen wichtigen Zweck. Ohne sie wird es deutlich schwerer für Europas Institute, die Folgen der Krise hinter sich zu lassen.

Kritiker der Branche beklagen oft, es gebe heute zu viele Banker, jedoch kaum noch Bankiers der alten Schule. Diese Bankiers stehen an der Spitze ihrer Privatinstitute, sie haften persönlich mit ihrem Vermögen für die Geschäfte, und sie sind an langfristigem Erfolg und einem tadellosen Ruf interessiert. Das Gegenteil des Privatbankiers ist der angestellte Top-Banker in einer börsennotierten AG, der alle paar Jahre den Konzern wechselt und nur auf kurzfristige Gewinne schielt.

Wer ein wenig Privatbankier-Geist in ein börsennotiertes Konglomerat wie Barclays injizieren will, sollte den angestellten Spitzenleuten möglichst wenig Fixgehalt zahlen - und möglichst viel vom Geschäftserfolg abhängen lassen. Das setzt die richtigen Anreize, damit Manager wie Unternehmer handeln, die das Wohl und Wehe der Bank in der eigenen Brieftasche spüren. Wichtig dabei ist nur, dass Boni und Prämien nicht an kurzfristigen, sondern an langfristigen Erfolg gekoppelt sind. Denn tatsächlich trugen die windigen Deals mancher Investmentbanker, die schnell ihren Jahresbonus hochtreiben wollten, mit zur Finanzkrise bei.

Lektion gelernt

Aber die Banken haben ihre Lektion gelernt: Boni hängen jetzt häufiger vom langfristigen Erfolg ab, Top-Leute erhalten etwa statt Barem Aktien, die sie erst in fünf Jahren verkaufen dürfen. Wer solche Anteilsscheine im Depot hat, möchte, dass die Bank noch 2019 gut da steht - und nicht bloß im laufenden Quartal.

Die neue EU-Regel zeigt nun in der Praxis perverse Ergebnisse: Britische Banken erhöhen massiv die Grundgehälter, weil sie weniger Boni zahlen dürfen. Das fördert nicht Verantwortungsbewusstsein, sondern Sorglosigkeit. Es zerstört die Anreize für langfristiges unternehmerisches Denken. Zumal Banken Millionen-Boni leicht zurückfordern können, wenn sich drei Jahre später herausstellt, dass der Manager einst unsaubere Geschäfte getätigt hat. Bei den aufgeblähten Fixgehältern wird das viel schwieriger.

Wenn die EU schon Boni regulieren will, hätte sie also nicht die Höhe kappen dürfen. Stattdessen hätte sie festlegen sollen, dass Prämien ausnahmslos an langfristigen Erfolg gekoppelt sein müssen. Sinnvoll wäre auch die Verpflichtung, dass als Erfolgskriterien nicht bloß Umsatz und Gewinn, sondern ebenso weiche Faktoren gelten: Zufriedenheit der Untergebenen, Wechselrate der Kunden.

Schlechtes Gefühl

Die Höhe zu begrenzen, schadet dagegen nur. Der Deckel bedient lediglich das dumpfe Gefühl, es sei irgendwie nicht in Ordnung, wenn Banker Millionen-Prämien kassieren - wo doch die Steuerzahler die Branche retten mussten; wo doch viele Konzerne Verluste schreiben; wo doch Krankenschwestern so viel weniger verdienen. Alles wahr. Aber welches Einkommen Bankmanager verlangen können, entscheidet nicht die EU-Kommission. Das entscheidet der weltweite Wettbewerb um Fachkräfte. Banken in New York und Singapur zahlen gerne Millionen, um gute Leute abzuwerben. Sie machen das, weil es sich rechnet, weil die Manager die Ausgaben offenbar wieder einspielen.

Europas Banken müssen mithalten - nun mithilfe aufgeblähter Festgehälter. Verweigern sie das, verlieren sie ihre besten Kräfte. Dann wird es noch schwerer, zu alter Stärke zurückzufinden. Die EU-Bonusgrenze gehört deshalb abgeschafft.

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