PR-GAU:EADS macht sich auf Pariser Flugmesse lächerlich

Eigentlich wollten die designierten EADS-Chefs Noël Forgeard und Thomas Enders auf der weltgrößten Flugmesse in Le Bourget ihre neue Strategie vorstellen. Doch hinter den Kulissen wird weiter kräftig gestritten; die Pressekonferenz musste kurzfristig abgesagt werden.

Der führende europäische Flugtechnikkonzern konnte seine monatelange Führungskrise nicht wie erhofft bis zum weltgrößten Branchentreff in Paris-Le Bourget lösen. Zu Messebeginn am Montag sagte EADS seine für Dienstag geplante Pressekonferenz ersatzlos ab.

PR-GAU: Löste den Ärger bei EADS aus: Noël Forgeard.

Löste den Ärger bei EADS aus: Noël Forgeard.

(Foto: Foto: dpa)

Der Schritt gilt als peinliches Eingeständnis einer strategischen Blockade beim europäischen Vorzeigeunternehmen, während der Streit der EU mit den USA über Subventionen im Flugzeugbau vor der Welthandelsorganisation WTO eskaliert.

Die EADS-Großaktionäre DaimlerChrysler und Sogeade (Lagardère und der französische Staat) blockieren sich seit einem halben Jahr im Streit um die Führungsstruktur bei EADS und der Konzerntochter Airbus.

DaimlerChrysler blockte ab

Auslöser war der Versuch des Airbus-Chefs Noël Forgeard, die deutsch-französische EADS-Doppelspitze zu verdrängen und alleine die Konzernführung zu übernehmen. Forgeard fand dabei die Unterstützung von Präsident Jacques Chirac, DaimlerChrysler blockte den Versuch jedoch ab.

Nun warten Forgeard und der Deutsche Thomas Enders seit Wochen auf ihre Bestätigung als Co-Chefs und EADS wird kommissarisch von den Chef-Aufsehern geführt.

Streit im Aktionärslager gibt es auch über die Frage, ob EADS wichtige Zulieferer wie den Elektronikkonzern Thales (10,4 Mrd Euro Umsatz) übernehmen sollte. Forgeard und Chirac sind dafür. DaimlerChrysler lehnt eine Vollfusion ab, mit der die Franzosen ein Übergewicht am EADS-Kapital erhielten.

Boeing ebenfalls ohne stabile Führung

Aber auch die Konkurrenz hat Probleme. Denn der amerikanische Rivale Boeing kommt ebenfalls ohne stabile Führung nach Paris. Seit Anfang März sucht Boeing einen Nachfolger für Harry Stonecipher, der über eine "unmoralische Liebesaffäre" im Unternehmen gestürzt ist.

Und auch bei Antonow ist nach dem Rücktritt des Chefs das Chaos so groß, dass der ukrainische Anbieter seine Antonow-148 nicht zur Messe schickte.

"Peinlich, unnötig und schädlich" nennen Rüstungs- und Luftfahrtindustrielle in Le Bourget den zähen deutsch-französischen Machtkampf bei EADS.

Das Pariser Wirtschaftsblatt Les Echos lästerte gar über die "Drohnen" bei EADS und Boeing. Wie auch bei EADS sitzt jetzt bei Boeing der Chefaufseher im Cockpit.

EADS macht sich auf Pariser Flugmesse lächerlich

Beide Flugzeugbauer stehen im Zentrum des vor der Welthandelsorganisation WTO ausgetragenen Konflikts um Subventionen. Beide kämpfen mit politischer Unterstützung und innovativen Produkten wie dem A380 und dem 787 Dreamliner erbittert um Kunden und Marktführung. Beide können sich interne Führungsquerelen jetzt weniger leisten denn je.

Doch für EADS wiegt das Führungsproblem stärker als für Boeing. Während der US-Konzern mit Riesenaufträgen für den 787 Dreamliner und brummendem Rüstungsgeschäft wieder oben auf ist, hängen Airbus die Verzögerungen beim A380 und mangelnde Entwicklungskapazitäten zum schnellen Kontern der 787 mit der geplanten A350 wie Blei an den Flügeln.

"Kollateralschäden"

Außerdem blockiert das Geschacher der Europäer um Posten und Einfluss nicht nur wichtige Entscheidungen im Konzern: EADS drohen auch "Kollateralschäden" bei der Neuordnung der Rüstungsbranche.

Lachender Dritte ist beispielsweise der zehn Milliarden Euro schwere Elektronikspezialist Thales, der sich einem drohendem Zugriff durch EADS mit anderen Allianzen zu entwinden sucht.

Bei der Schuldzuweisung für die Blockade haben die Franzosen nicht mehr die nationale Brille auf. Hinter vorgehaltener Hand hagelt es von verschiedener Seite Kritik an Airbus-Chef Noël Forgeard, der mit seinem Vorstoß zur Übernahme der EADS-Spitze Ende 2004 den Konflikt vom Zaun gebrochen hatte.

Selbst Chirac rückt offenbar ab

Selbst Präsident Jacques Chirac, der Forgeard stets gefördert hatte, rückt offenbar angesichts der politischen Flurschäden von seinem früheren Berater ab.

Punkte hat dagegen Jürgen Schrempp gemacht. Der DaimlerChrysler-Chef hat Forgeards Machtanspruch Grenzen gezogen. "Schrempp hat sehr früh seine Position sehr klar gemacht und sich daran gehalten", erklärte ein Top-Manager des führenden Rüstungselektronikers Thales.

Andere Branchenvertreter sagen, die mit langen Produktzyklen in heiklem politischem Umfeld agierenden Unternehmen brauchten verlässliche Partner und keine Hasardeure. Jetzt macht in Paris die Idee die Runde, Forgeard auf dem Posten des Airbus-Chefs zu belassen und einen anderen Franzosen in die EADS-Doppelspitze zu heben. Seit Boeings Offensive ist der Airbus-Chefsessel deutlich ungemütlicher geworden.

Schneller Abgang

Boeing hat es da leichter. Der schnelle Abgang des als "Retter" geholten Stonecipher blockiert keine strategischen Entscheidungen.

Als Nachfolger läuft sich Alan Mulally warm. Er kennt die Rüstungssparte gut und hat als Chef der Verkehrsflugzeugsparte derzeit nur gute Nachrichten zu verkünden. "Die Aktionäre kennen meine Kompetenzen", sagte Mulally zu Messebeginn in Paris selbstbewusst. Doch die Entscheidung eile nicht.

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