Postenschacher bei der Bundesbank:Besser wird's nicht mehr

Die Deutsche Bundesbank hatte einst weltweite Macht. Heute spricht sie von "föderaler Erpressung" - bei der Neubesetzung des Vorstands macht Ministerpräsident Oettinger trotzdem weiter Druck, obwohl sein Wunschkandidat durchfiel.

Claus Hulverscheidt

Wenn Edgar Meister an diesem Freitag nach fast 14 Jahren im Amt in den Ruhestand verabschiedet wird, dann wird der Festredner Peer Steinbrück noch einmal die gute alte Zeit hochleben lassen: Damals, als ganze Regierungen vor der mächtigen Deutschen Bundesbank zitterten, und ein Wort des Direktoriumsmitglieds Meister die Weltfinanzmärkte zum Beben bringen konnte.

Foto: ddp / Deutsche Bundebank Vorstand Neubesetzung Rudolf Böhmler Günther Oettinger Axel Weber Angela Merkel Kandidat Bundesregierung

Die Vergangenheit der "Hüterin der D-Mark" ist glanzvoll. Die Zukunft eher nicht.

(Foto: Foto: ddp)

Der Blick in die ruhmreiche Vergangenheit der Bundesbank ist verständlich, denn die Zukunft sieht alles andere als rosig aus - und die Personalie Meister steht symptomatisch dafür.

Nachfolger soll nämlich der Chef der baden-württembergischen Staatskanzlei, Rudolf Böhmler, werden - ein Behelfskandidat von Ministerpräsident Günther Oettinger, der bei einer Anhörung durch seine künftigen Kollegen im Bundesbankvorstand mangels Qualifikation durchfiel. Er wird künftig 220.000 Euro im Jahr verdienen.

Für Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, einst Berater des damaligen Finanzministers Hans Eichel, zeigt der Fall Böhmler "die ganze Perversion der föderalen Erpressungsmöglichkeiten".

Statt auf sein Vorschlagsrecht zu verzichten und damit den Weg für eine Verkleinerung des siebenköpfigen Vorstands freizumachen, habe "Herr Oettinger die unselige Tradition fortgesetzt, durch die Berufung zu versorgender Landespolitiker, die Bundesbank an den Finanzmärkten immer mehr der Lächerlichkeit preiszugeben".

Föderale Erpressungsmöglichkeiten

Auch Eichel selbst, sonst eher Diplomat, findet deutliche Worte: "Herr Böhmler mag ein hervorragender Verwaltungsfachmann sein, als Experte in Fragen der Geldpolitik oder der Bankenaufsicht hat er sich bisher aber nicht hervorgetan."

Genau das aber werde im entsprechenden Gesetz verlangt. "Baden-Württemberg muss deshalb Böhmlers Kandidatur zurückziehen. Alles andere wäre ein unverantwortlicher Umgang mit der Funktion und dem Ansehen der Bundesbank, national wie international."

Den Grund für die Misere sieht der Ex-Minister, der 2002 mit einer grundlegenden Bundesbankstrukturreform an den Ländern gescheitert war, in deren Realitätsverweigerung: "Die Bundesbank ist seit Gründung der Europäischen Zentralbank das, was früher eine Landeszentralbank im Verhältnis zur Bundesbank war.

"Drei Mitglieder würden reichen"

Vor diesem Hintergrund gibt es keinen einzigen vernünftigen Grund mehr dafür, dass die Länder bei der Besetzung des Bundesbankvorstands noch mitmischen." Das Gremium sei ohnehin aufgebläht: "Drei Mitglieder wie bei der größeren Banque de France würden auch bei uns ausreichen", so Eichel zur SZ.

Auch sei den Mitarbeitern nicht zu erklären, "dass die Belegschaft angesichts der veränderten Rolle der Bundesbank um mehrere tausend Stellen reduziert worden ist und weiter reduziert wird, der Vorstand aber nahezu unverändert bleibt".

Die amtierende Bundesregierung will sich nicht zu dem Fall äußern und wird Böhmler am Ende ernennen. Der Fall sei zu unwichtig, als dass Kanzlerin Angela Merkel dafür einen Konflikt mit Parteifreund Oettinger riskieren werde, heißt es in Regierungskreisen - was alles über die Bedeutung der Bundesbank sagt.

Geeignete Kandidaten nicht in Sicht

Insider befürchten, dass angesichts des Aderlasses große Probleme auf Bundesbankchef Axel Weber zukommen werden. Weber selbst sei in Europa das "letzte vorzeigbare Schwergewicht" Deutschlands, ansonsten gelte: "Die guten Leute wollen nicht mehr zur Bundesbank".

Als nächstes dürfen Berlin und Brandenburg gemeinsam ein Vorstandsmitglied nominieren: Geeignete Kandidaten sind, sieht man vielleicht einmal von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin ab, nicht in Sicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: