Pofallas Wechsel in die Wirtschaft:Schwarzer Fleck auf Bahn-Chef Grubes weißer Weste

Halbjahres- Pk  2010 Bahn

Gefährdet sein Image als Saubermann: Bahn-Chef Rüdiger Grube

(Foto: dpa)

Bahn-Chef Rüdiger Gruber hatte bisher einen tadellosen Ruf als Saubermann. Doch jetzt verschafft er Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla einen gut dotierten Job in seinem Unternehmen und wirft damit zwangsläufig Fragen auf: Geht es der Bahn darum, einen ehemaligen Politiker gut unterzubringen? Oder sich noch bessere Kontakte in die Politik zu verschaffen?

Von Daniela Kuhr, Berlin

Ob Rüdiger Grube bewusst ist, was er mit der Berufung von Ronald Pofalla in den Konzernvorstand der Bahn aufs Spiel setzt? Offenbar nicht. Sonst wäre er wohl nie auf diese Idee gekommen. Genau genommen passt sie ja zur Bahn, der Staatskonzern war schon immer ein Auffangbecken für ehemalige Politiker. Sie passt aber in keiner Weise zu dem, was Grube aus der Bahn machen wollte: ein Unternehmen von tadellosem Ruf.

Um das besser zu verstehen, muss man ein paar Jahre zurückblicken. Als der frühere Daimler-Manager im Mai 2009 Vorstandschef der Deutschen Bahn wurde, erwarb er sich schnell den Ruf eines Saubermanns. Ohne Rücksicht auf menschliche Verbundenheiten räumte Grube nach der Datenaffäre auf, über die sein Vorgänger Hartmut Mehdorn gestolpert war. Zahlreiche Führungskräfte mussten gehen, fast der gesamte Vorstand wurde ausgetauscht. Selbst Menschen, die dazu nicht die geringste Lust verspürten, zollten Grube für dieses konsequente Vorgehen Respekt - etwa Verkehrspolitiker aus der Opposition oder kritische Mitarbeiter aus der Bahn selbst.

Allerdings beäugten sie ihn auch misstrauisch, und dieses Misstrauen wuchs umso mehr, je häufiger Grube etwas auffallend richtig machte. Seine stetige Freundlichkeit etwa, sein offenes Zugehen auf Gegner - all das wollten sie ihm anfangs nicht abnehmen. So verhält sich doch kein Bahnchef, dachten viele, die sich in den zehn Jahren davor an die ruppige, abkanzelnde Art von Mehdorn gewöhnt hatten.

Schaffte Sponsoring und Journalisten-Rabatte ab

Doch Grube blieb seiner Linie treu. Immer wieder überraschte er durch Vorstöße, die von vielen als vorbildlich empfunden wurden. Etwa als er darauf bestand, dass die Bahn die offiziellen Regeln für gute Unternehmensführung strikt anwendet - mit der Folge, dass die Vorstands-Boni plötzlich deutlich geringer ausfielen. Das Vorstandsmitglied, das diesen Beschluss nicht mittragen wollte, musste auf Grubes Drängen hin sofort gehen.

Oder als die Bahn im Frühjahr 2012 als eines der ersten Unternehmen die Rabatte für Journalisten abschaffte, weil sie "nicht mehr zeitgemäß" seien. Auch das verbreitete Sponsoring von politischen Veranstaltungen beendete der Konzern damals. Und schließlich beschloss Grube noch, die Boni der Vorstände zu einem beachtlichen Teil an die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu koppeln - auch das ein Novum in der deutschen Unternehmenslandschaft.

Kurzum: Fast fünf Jahre lang hat er als Bahnchef dafür gekämpft, dem Konzern ein sauberes Image zu verpassen und neue Maßstäbe in guter Unternehmensführung zu setzen. Und jetzt? Macht er auf einmal genau das, was seine Vorgänger gemacht haben und was so gut wie jedesmal Befremden ausgelöst hat. Er verschafft einem ausgeschiedenen Politiker einen gut dotierten Job und wirft damit zwangsläufig die Frage auf, worum es hier eigentlich geht: der Bahn noch bessere Kontakte in die Politik zu verschaffen? Oder einen ehemaligen Politiker gut unterzubringen?

Von Wedemeier bis Wiesheu

Es ist schon auffallend, wie häufig Politiker bisher bei der Bahn landeten. Da wären etwa der frühere Regierungschef Bremens, Klaus Wedemeier, der einstige nordrhein-westfälische Verkehrsminister Franz-Josef Kniola sowie Brandenburgs Ex-Verkehrsminister Hartmut Meyer (alle SPD), die nach ihrem Ausscheiden aus der Politik lukrative Beraterverträge von der Deutschen Bahn erhielten. Wobei der Konzern nicht auf eine Partei festgelegt ist. Auch der frühere bayerische Finanzminister Georg von Waldenfels (CSU) durfte die Bahn später beraten. Und nicht zu vergessen natürlich Bayerns einstiger Verkehrsminister Otto Wiesheu (CSU).

Genau wie es jetzt für Pofalla geplant ist, saß Wiesheu im Vorstand des Unternehmens, wo er sich um die politischen Beziehungen kümmerte. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Im Zuge von Grubes Aufräumaktion musste auch er den Konzern verlassen, obwohl man ihm keine Versäumnisse im Zusammenhang mit der Datenaffäre nachsagte. Grube beschloss damals, sich selbst um die politischen Beziehungen zu kümmern. Es ging ihm dabei um einen Neuanfang und um Glaubwürdigkeit. Beides gefährdet er nun mit der Personalie Pofalla.

Wenn Kritiker allerdings mosern, da bekomme jemand einen Spitzenjob (und wohl mindestens eine Million Euro Gehalt), der von der Bahn keine Ahnung hat, dann ist das zumindest nicht richtig. Immerhin war Pofalla Grubes Ansprechpartner Nummer 1, wenn es darum ging, unliebsame Vorhaben in Berlin oder Brüssel zu verhindern.

Die Intransparenz, mit der die Personalie behandelt wird, macht die Sache aber nicht besser. Die Organisation Lobbycontrol jedenfalls fordert, dass Politiker generell eine Karenzzeit von drei Jahren wahren, bevor sie einen Job in der Wirtschaft annehmen.

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