Pläne zur Euro-Rettung:Politik muss entscheiden, nicht die Märkte

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Die EZB greift erst dann in den Markt ein, wenn die politischen Reformbedingungen erfüllt sind. Damit erweist sie der Demokratie und der europäischen Einigung gleich einen doppelten Dienst: Das Krisenmanagement bleibt politisch und es steht unter Aufsicht der nationalen Parlamente. Anders geht es nicht, sonst geht das Volk stiften.

Martin Winter

Der Streit um den richtigen Weg aus der europäischen Schuldenkrise wird noch andauern. Aber es wird und es muss ein politischer Weg sein. Für den hat die Europäische Zentralbank jetzt eine wichtige Marke gesetzt. Sie hat der Versuchung widerstanden, an die Stelle der Politik zu treten und sich damit über sie zu erheben. Das gefällt den Märkten wenig, und es enttäuscht jene Schuldenländer, die sich einen etwas leichteren und vor allem politisch schmerzfreieren Ausweg aus ihrer selbst bereiteten Finanzmisere gewünscht hätten.

Die Krise wird nur bewältigt werden, wenn die Politik ihr Primat durchsetzt und mit ruhiger Hand steuert - und wenn ihre Zumutungen den Menschen zumutbar bleiben. (Foto: REUTERS)

Die Zentralbank stellt nun fest, dass sie erst dann zugunsten eines Landes auf den Märkten eingreift, wenn sich dieses Land zuvor unter den Rettungsschirm begeben und damit strikten politischen Reformvorgaben unterworfen hat. Damit erweist die Zentralbank der europäischen Demokratie und europäischen Einigung gleich einen doppelten Dienst: Das Krisenmanagement bleibt politisch, und es steht unter Aufsicht der nationalen Parlamente.

Die Parlamente müssen genehmigen, wer unter welchen Bedingungen Hilfe von den Rettungsfonds EFSF oder (demnächst) ESM bekommt. So entsteht eine Legitimation, ohne die Europa, das von seinen Bürgern zunehmend skeptisch angesehen wird, nicht überleben kann.

Es gibt keine Wunderwaffe gegen die Krise

Zum anderen räumt die EZB mit der Illusion auf, dass es eine Wunderwaffe in dieser Krise gebe. Die Zentralbank wird nicht den amerikanischen Weg gehen und den Markt unbegrenzt und unabhängig von der Politik mit Geld fluten. Täte sie es dennoch, dann läutete sie das sichere Ende der Währungsunion ein.

Denn einerseits würde sie damit die europäischen Verträge brechen und damit das ganze Gebäude der Rechtsgemeinschaft EU ins Wanken bringen. Andererseits würden ihr viele Europäer nicht mehr folgen.

Weder in Deutschland noch in vielen anderen Ländern sind die Menschen bereit, unbegrenzt und unüberschaubar Haftung für andere Länder der EU zu übernehmen. Die Krise ist an einen Punkt gekommen, an dem die Politik nicht nur sehr genau darauf achten muss, den Menschen in Griechenland, Spanien oder Portugal nicht zu viel zuzumuten. Sie muss auch dafür sorgen, nicht die Bürger in jenen Ländern zu überfordern, die mit ihren Steuern Hilfsprogramme finanzieren und langfristige Risiken beim Ankauf von Staatsanleihen übernehmen sollen.

Ob der ESM eine Bankenlizenz bekommt, ist nicht wesentlich

Wer das für übertrieben hält, der möge in die Niederlande schauen, wo momentan im Wahlkampf jene Parteien vorne liegen, die eine europäische Schulden- und Haftungsunion dezidiert ablehnen.

Wesentlich für die Rettung des Euro ist nicht, ob der ESM, wie jüngst heftig diskutiert, eine Bankenlizenz bekommt. Dem steht allein rechtlich so viel entgegen, dass dieser Plan noch jahrelang nicht umgesetzt werden kann. Die Krise wird nur bewältigt werden, wenn die Politik ihr Primat durchsetzt und mit ruhiger Hand steuert - und wenn ihre Zumutungen den Menschen zumutbar bleiben. Sonst geht das Volk stiften - und dann kann die Krise erst recht nicht bewältigt werden.

© SZ vom 04.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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