Pläne von Union und SPD:Große Koalition würde Rentnern und Familien nützen

Drei Rentnerinnen genießen das Frühlingswetter in Bochum.

Diese drei Rentnerinnen wären mögliche Gewinnerinnen einer großen Koalition.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Ökonomen beziffern die finanziellen Folgen des Bündnisses: Haushalte mit Kindern bekämen knapp 450 Euro mehr pro Jahr. Sie würden vom steigenden Kindergeld profitieren.
  • Ruheständler würden sogar noch stärkere Entlastungen spüren.
  • FDP und Grüne kritisieren die Fokussierung auf ältere Menschen.

Von Cerstin Gammelin und Alexander Hagelüken

Von einer neuen großen Koalition profitieren finanziell Familien mit Kindern, besonders aber Rentner. Haushalte mit über 65-Jährigen können mit netto 622 Euro mehr im Jahr rechnen, dem höchsten Vorteil unter allen vier untersuchten Altersgruppen in Deutschland. Das geht aus Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) zum Koalitionsvertrag hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Das Forscherteam ermittelte, wie sich Pläne von CDU, CSU und SPD wie etwa der Abbau des Soli-Zuschlags, mehr Kindergeld, etwas geringere Sozialbeiträge und stabile Renten in den verschiedenen Altersgruppen auswirken würden. Danach profitieren Seniorenhaushalte vor allem von höheren Mütterrenten und der Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des Durchschnittslohns. Läuft die Konjunktur so gut wie prognostiziert, kosten beide Maßnahmen nach Schätzungen der Rentenversicherung und der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände im Jahr 2025 etwa 7,5 Milliarden Euro.

Durchschnittlichen Seniorenhaushalten verheißen die Koalitionspläne einen Gesamtvorteil von gut 600 Euro pro Jahr. Das ist deutlich mehr, als 26-bis 39-Jährige zu erwarten haben - diese Gruppe profitiert vom steigenden Kindergeld und kann mit knapp 450 Euro mehr rechnen.

Entwickelt sich die Konjunktur weniger gut als erwartet, würde es deutlich teurer werden, das Rentenniveau stabil zu halten. Bezahlt werden müssten die Mehrkosten zum großen Teil von aktiven Arbeitnehmern unter 65 Jahren durch höhere Beiträge. Ihr finanzieller Vorteil aus den Koalitionsplänen würde damit sinken, während jener der über 65-Jährigen über 1400 Euro im Jahr steigt.

Kritik von Grünen und FDP

Zweiter großer Gewinner der Koalitionspläne neben den Rentnern sind Familien mit Kindern. So profitieren die 26- bis 39-Jährigen unter allen Altersgruppen am stärksten von der geplanten Erhöhung des Kindergelds. Union und SPD kündigen außerdem an, die Kita-Gebühren zu reduzieren. Würden diese komplett abgeschafft, wie es die Koalition vage verspricht, würden Haushalte mit 26- bis 39-Jährigen sogar um 740 Euro im Jahr entlastet. In diesem Durchschnittswert sind Haushalte mit und ohne Kinder eingerechnet.

Grüne und FDP kritisieren, die neue große Koalition plane eine Politik zu sehr für ältere Menschen. EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) warnt vor einer Vernachlässigung Jüngerer. Seine Sorge sei, "dass wir uns immer mehr von einer Balance zwischen Alt und Jung entfernen", sagte er in Brüssel. "Die Rentner werden extrem stark finanziell bedacht", urteilt ZEW-Ökonom Holger Stichnoth. "Damit zielt die große Koalition vor allem auf die wachsende Schar älterer Wähler, einer Gruppe, der es derzeit schon verhältnismäßig gut geht."

Bei der Bundestagswahl 2017 waren bereits mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten älter als 60 Jahre. Der Anteil der unter 30-Jährigen in Deutschland ist inzwischen weniger als halb so hoch. Vor 30 Jahren waren diese Wählergruppen noch gleich groß.

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