Pläne der US-Republikaner:Im Goldfieber

Es sind bizarre Pläne, die im Wahlprogramm der US-Republikaner zu finden sind. Die Partei um Mitt Romney will die Unabhängigkeit der Notenbank einschränken und den Dollar wieder an den Goldbestand koppeln. Da stellt sich die Frage: Wie radikal ist Romney?

Nikolaus Piper, New York

Kommende Woche werden die Republikaner in Tampa (Florida) den früheren Gouverneur von Massachusetts offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten wählen - vorausgesetzt der Tropensturm Isaac, der derzeit über Haiti tobt, wächst sich nicht noch zu einem echten Hurrikan aus und bedroht die Veranstaltung. Überraschungen wird es, was die Wahl selbst betrifft, nicht geben. Anders sieht das mit dem Wahlprogramm aus, das die Partei Mitt Romney mit auf den Weg geben wird.

Nach letztem Stand sieht der Entwurf eine Kommission vor, die die Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Goldstandard prüfen soll. Der Entwurf selbst ist zwar noch nicht veröffentlicht, doch die Kongressabgeordnete Marsha Blackburn aus Tennessee, eine der beiden Vorsitzenden der republikanischen Programm-Kommission, bestätigte die Goldpläne.

Kurzfristig noch brisanter ist eine andere Forderung aus dem Programm: Der Kongress soll die Notenbank Federal Reserve (Fed) einer regelmäßigen Buchprüfung unterziehen. Ein entsprechendes Gesetz haben die Republikaner bereits im Kongress eingebracht.

Je nachdem, wie umfangreich diese Buchprüfung ausfällt, könnte die Unabhängigkeit der Fed in Frage gestellt sein. Diese Unabhängigkeit von Entscheidungen der Politik, wie sie neben der Fed auch die Europäische Zentralbank oder die Bank von England haben, gilt seit Jahrzehnten als Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Geldpolitik. Sie war bis vor kurzem auch ein Wert, den Konservative in der Auseinandersetzung mit Linken hochhielten. Würden sich die Vereinigten Staaten tatsächlich von diesem Prinzip verabschieden, würde der Umgang mit Geld und Währungen auf der ganzen Welt politischer - und parteipolitischer.

Wer steckt hinter den Plänen?

Offen ist, ob Kandidat Romney selbst hinter den Forderungen nach Gold und einer gezähmten Fed steht. Bekannt ist, dass einige Forderungen der radikalen Rechten gegen seinen Willen in die Wahlplattform gekommen sind - etwa die nach einem absoluten Verbot von Abtreibungen, auch in Fällen von Vergewaltigung und Inzest.

Mitt Romney

Hat sich offen gegen eine dritte Amtszeit von Notenbank-Chef Ben Bernanke ausgesprochen: Mitt Romney

(Foto: AP)

Was das Gold betrifft, ist die Lage komplizierter. Romney selbst hat sich zu dem Thema zurückhaltend geäußert. Sein Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten jedoch, Paul Ryan, sprach sich mehrfach für die Rückkehr zum Gold als Währungsstandard aus.

Romneys Rivale aus dem Vorwahlkampf, der republikanische Außenseiter Ron Paul, hat seine Präsidentschaftskandidatur immer noch nicht aufgegeben; er wird auf dem Parteitag mit 200 Delegierten vertreten sein und für seine Ziele werben: Abschaffung der Fed und, eben, die Rückkehr zum Goldstandard.

Debatten um Geld und Gold haben unter Konservativen in Amerika eine lange Tradition. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich die USA verpflichtet, ihre Währung jederzeit zum Preis von 35 Dollar pro Feinunze in Gold umzutauschen.

Diese Verpflichtung, die Grundlage des Währungssystems von Bretton Woods, kündigte Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 auf, was als "Nixon-Schock" in die Geschichte einging. Seither wird der Wert der Währungen nur noch durch die Notenbanken der Welt garantiert, seither auch diskutieren Experten, Politiker und Weltverbesserer über eine Rückkehr zu "gesundem Geld".

Der republikanische Präsident Ronald Reagan setzte 1981 eine "Gold-Kommission" ein - offenkundig das Vorbild für die Autoren des Wahlprogramms. Das Ergebnis der Kommission war jedoch ernüchternd: Die Experten sahen keine Vorteile in der Rückkehr zum Goldstandard und empfahlen, den Status Quo beizubehalten.

Eine neue Qualität bekam die Debatte mit der Finanzkrise, der Präsidentschaft von Barack Obama und der Tea-Party-Bewegung. Der Zorn, nicht nur auf den politischen Gegner, sondern auch auf Notenbank-Präsident Ben Bernanke wuchs. Die Ideen Ron Pauls und anderer Libertärer rückten vom Rand in die Mitte des republikanischen Spektrums.

Was der Fed bei einem Sieg der Republikaner droht

Die Rückkehr zum Gold ist jetzt für viele Konservative ein Gebot der Verfassung. Die Billionen von Dollar, die die Fed im Zuge der Krisenbekämpfung in die Wirtschaft gepumpt hat, wecken Sorgen vor einer Rückkehr der Inflation. Das radikalisiert die republikanische Rechte. Rick Perry, der Gouverneur von Texas und kurzzeitige Präsidentschaftsbewerber, machte von sich reden, als er Bernanke des Hochverrats bezichtigte und ihm Prügel androhte für den Fall, dass er sich in Texas sehen lassen sollte.

Nun ist es unwahrscheinlich, dass die USA jemals den Dollar wieder ans Gold binden werden. Die Nachteile sind zu offensichtlich. Die Zeit, in der die USA tatsächlich den Goldstandard hatten, von 1873 bis zum Ersten Weltkrieg, bestand aus einer Folge von Wirtschafts- und Finanzkrisen. Was aber nach einem republikanischen Wahlsieg kommen könnte, ist eine Schwächung der Federal Reserve.

Mitt Romney kündigte bereits an, er werde Ben Bernanke nicht für eine dritte Amtszeit nominieren. Ungewöhnlich ist weniger diese Überlegung selbst, sondern die Tatsache, dass er sie vor der Wahl öffentlich machte. Die Geldpolitik wird bereits heute politisiert.

Noch mehr Gefahr droht der Fed aus dem Kongress. Das republikanisch beherrschte Repräsentantenhaus verabschiedete im Juli ein Gesetz über Buchprüfungen bei der Notenbank.

Das Kritische dabei: Die Gesetzgeber ließen offen, was geprüft werden soll - die Abrechnungen für Bernankes Fuhrpark und den Reinigungsservice oder aber die Geldpolitik selbst. Im letzteren Fall wäre die Unabhängigkeit der Fed zu Ende. Das Gesetz hat nach derzeitigem Stand keine Chance im Senat - aber das kann sich nach der Wahl ändern, wenn die Republikaner eine Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses erringen sollten.

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