Pläne der Pis-Partei:Projekt Sondersteuern

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Die Wahlsieger wollen Banken und Supermärkte stärker belasten. Sondersteuern sollen die Commerzbank und Lidl treffen.

Von Florian Hassel, Warschau

Der Sieg bei der polnischen Wahl am 25. Oktober war erst ein paar Minuten alt, als ein führender Funktionär der siegreichen Pis-Partei schon präzisierte, was seine Partei im Wahlkampf angekündigt hatte: Polens Banken, zu 60 Prozent in ausländischem Besitz (Commerzbank, Raiffeisen, Credit Agricole) sollen ebenso wie Supermarkt- und Handelsketten extra zur Kasse gebeten werden. "Wir werden, wahrscheinlich schon zum Januar 2016, zwei Sondersteuern einführen - eine für die Banken von 0,39 Prozent auf ihre Aktiva und eine auf Supermärkte", sagte Pis-Wirtschaftsfachmann Zbigniew Kużmiuk.

Noch fehlen Details, gibt es verschiedene Methoden zur Bewertung von Aktiva - doch eine solche Steuer wäre in jedem Fall beträchtlich. Dem Internationalen Währungsfonds zufolge machen die in Polen tätigen Banken auf ihre Aktiva 1,05 Prozent Gewinn. Banken sollen nicht nur mit der Sondersteuer zur Kasse gebeten werden, sondern möglicherweise auch noch mit einer Finanztransaktionssteuer und einer Zwangsumwandlung von Hypothekenkrediten. Gut eine halbe Million Polen haben früher, der niedrigeren Zinsen wegen, Kredite in Schweizer Franken (CHF) aufgenommen und damit Haus oder Wohnung bezahlt. Seit dem Anstieg des Frankenkurses Anfang 2015 kommen diese rund 33 Milliarden Euro ausmachenden Kredite die Polen teurer - und sind für die populistische Pis eine weitere Zielscheibe. Zwar kann nur ein Bruchteil der CHF-Kreditnehmer - es sind 38 000 Haushalte - seinen Kredit nicht mehr fristgerecht bedienen.

Gleichwohl will die Pis ihre Popularität auf Kosten der ungeliebten Banken steigern und diese per Gesetz zwingen, die Kredite auf polnische Złoty umzustellen und dabei einen Kurs festzuschreiben, der deutlich niedriger ist als der heute gültige - und für die Banken Milliardenverluste bedeuten würde. Der Tageszeitung Fakt zufolge soll ein entsprechender Gesetzentwurf nahezu fertig sein. Die Chefs der Commerzbank, der österreichischen Raiffeisen und der US-Bank GE Capital warnten Warschau schon im Sommer, ein solches Gesetz verstoße gegen Handelsschutzabkommen mit Deutschland, Österreich und den USA und gegen EU-Recht. Würde es verabschiedet, warnten die Bankiers, würden sie Polen vor internationalen Schiedsgerichten verklagen. Bisher scheint das die kommende Regierungspartei nicht zu beeindrucken. Zwar mahnte Pis-Führungsmitglied Piotr Glinski beim Thema Frankenkredite im Radiosender RMF: "Wir können die Bankenindustrie nicht zu sehr melken" - doch er hielt am Projekt als solchem fest. Die Banken sollten den Löwenanteil der Verluste bei einer Zwangsumstellung auf Złoty auf sich nehmen.

Auch Supermarkt- und Handelsketten, in Polen gleichfalls meist in ausländischem Besitz, sollen eine Sondersteuer zahlen, ab einer Verkaufsfläche von 250 Quadratmetern zwei Prozent des Umsatzes. Ein entsprechendes Gesetz solle "im ersten Quartal des kommenden Jahres" in Kraft treten, so das Pis-Führungsmitglied Henryk Kowalczyk. Die Sondersteuer würde Polen gehörende Nachbarschaftmärkte und -geschäfte aussparen - aber etwa die rund 500 Märkte des Lidl-Konzerns in Polen ebenso treffen wie die 41 Metro-Großmärkte und die 79 Saturn- oder Media-Markt-Elektromärkte des Düsseldorfer Metro-Konzerns. Öffentlich bestreiten Pis-Politiker mögliche negative Folgen für Polens Wirtschaft. "Ich glaube nicht an eine Kapitalflucht. Polen ist ein zu wichtiger Staat in Europa, als dass die Investoren uns ignorieren könnten", sagte Jarosław Gowin, Favorit für das Amt des Verteidigungsministers, der Tageszeitung Rzeczpospolita.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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