Pimco-Gründer Bill Gross:Die Diva macht den Abgang

Bill Gross

Hatte zuletzt jede Menge Ärger, jetzt geht er: Pimco-Gründer Bill Gross.

(Foto: Jim Young/Reuters)

Schlechte Fonds-Ergebnisse, Ermittlungen der US-Börsenaufsicht: Für Pimco-Gründer Bill Gross lief es zuletzt schlecht. Jetzt verlässt er das Unternehmen, das er einst für drei Milliarden an die Allianz verkauft hat. Doch der deutsche Versicherungskonzern hat noch mehr Sorgen.

Von Nikolaus Piper, New York, und Herbert Fromme, Köln

Zuletzt kam es knüppeldick für Bill Gross. Dem bis vor kurzem noch erfolgreichsten Anleihehändler der Welt laufen die Kunden davon, die Ergebnisse seines größten Fonds waren enttäuschend. Und schließlich ermittelt auch noch die amerikanische Börsenaufsicht SEC, weil sie Probleme mit der Bewertung einzelner Anleihen hat.

Jetzt zog Gross die Konsequenzen. Bereits am kommenden Montag wird er den von ihm gegründeten Vermögensverwalter Pimco in Kalifornien - heute eine Tochter der Allianz in München - verlassen und zum Fonds-Rivalen Janus Capital wechseln. Für die Anleger im Mutterunternehmen ist das keine gute Nachricht. Nachdem die Meldung vom Rückzug des berühmten Chief Investment Officers von Pimco bekannt wurde, brach der Kurs der Allianz-Aktie zeitweise um mehr als sieben Prozent ein.

Die Allianz hat ihre eigene Interpretation: Gross sei mit seinem Weggang dem Rauswurf durch den Eigner zuvorgekommen, heißt es in Unternehmenskreisen. In einer Stellungnahme ist denn auch von "fundamentalen Differenzen" über den Kurs die Rede.

Doch so einfach kann es sich die Allianz nicht machen. Gross war Pimco. Und so waren es eben auch Gross und sein Erfolg, den die Allianz im Jahr 2000 für 3,3 Milliarden Dollar gekauft hatte. Gross, der sein Studium eine Zeit lang als professioneller Black-Jack-Spieler finanzierte, ist ein Rockstar, gefragt als Kommentator und Analytiker. Und er hat Geschichte geschrieben, indem er zeigte, wie viel Geld man mit Anleihen verdienen kann. Die Pacific Investment Management Corporation (Pimco) gründete er 1971 im südkalifornischen Newport Beach. Er begriff als erster, was die Anleihe-Hausse der vergangenen Jahrzehnte bedeutete und setzte seine Erkenntnis in Anlage-Entscheidungen um. Sein Pimco Total Return Fonds erreichte im April vorigen Jahres das beispiellose Volumen von 293 Milliarden Dollar an Anlagevermögen. Doch seit der Boom wegen der Niedrigzinsen an seine Grenzen gekommen ist verließ Gross das Glück. Die Renditen gingen zurück, die Anleger liefen davon. Heute hat der Fonds noch 221 Milliarden Dollar unter Vertrag. Zudem zeigte sich zuletzt immer deutlicher, dass der heute 70-jährige Gross nicht nur ein Rockstar ist, sondern auch eine Diva. Schlechtes wurde über seinen Führungsstil bekannt. Er soll Mitarbeiter angeschrien und herabgesetzt haben. Mit dem Pimco-Chef Mohamed El-Erian, der sein Nachfolger auch als Anlagestratege werden sollte, stritt er in aller Öffentlichkeit. El-Erian verließ im Januar Pimco und arbeitet heute als Berater für Allianz-Chef Michael Diekmann. Nach seinem Abgang twitterte Gross: "Pimco bleibt voll auf der Spur. Batterien zu 110 Prozent geladen. Ich bin bereit für weitere 40 Jahre!" Nun wechselt Gross also doch die Spur. Und so mancher im Münchner Mutterkonzern ist darüber wohl ganz glücklich. Gross neuer Arbeitgeber Janus ist eine börsennotierte Anlagefirma aus Denver in Colorado, die für ihn ein Büro in Newport Beach einrichtet. Über Janus veröffentlichte er am Freitag eine vielsagende Erklärung: "Ich freue mich darauf, mich wieder auf das Investieren konzentrieren zu können und einige Komplexitäten aufzugeben, die mit dem Management einer großen, komplizierten Organisation einhergehen."

Will sagen: Bei Pimco ist mir alles über den Kopf gewachsen. Der Kurs von Janus Capital stieg am Freitag um nicht weniger als ein Drittel, während die Allianz-Aktie auf Talfahrt ging. Offen ist, was Pimco ohne Bill Gross noch wert ist - und ob das Unternehmen wie bislang noch hohe Milliardengewinne nach München schicken kann. In guten Jahren erzielte das Asset Management, das vor allem aus Pimco besteht, ein Drittel der Allianz-Konzerngewinne - 2013 waren es 3,1 Milliarden Euro von 10,1 Milliarden Euro operativem Gewinn. Und offen ist vor allem, ob das Modell eines Unternehmens, das so sehr auf Anleihen fixiert ist, überhaupt noch eine Zukunft hat. Spezialisten für Aktienfonds gibt es genug in den USA; Pimcos Diversifizierungsversuche in Aktienfonds sind mäßig erfolgreich. Einen Nachfolger für Gross als Chief Investment Officer hat der Konzern noch nicht benannt, aber nach dem Streit mit El Erian im Januar installierten die Münchener Eigner mehrere Stellvertreter. Es ist wahrscheinlich, dass Andrew Balls und Daniel Ivascyn in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen werden. Ob das den Großanlegern reicht und sie ihre Milliarden dort lassen oder ob sie doch große Volumen abziehen, werden die kommenden Wochen zeigen.

Positiv für die Allianz: Sie spart beim Bonus. Gross hatte ein Anrecht auf zehn Prozent des operativen Pimco-Gewinns, das waren mehr als 200 Millionen Euro im Jahr. Der Nachfolger muss sich wohl mit fünf Prozent bescheiden.

Auf jeden Fall hat Allianz-Konzernchef Michael Diekmann jetzt eine weitere offene Baustelle in den USA. Das Unternehmen ist gerade dabei, seine defizitäre US-Versicherungstochter Fireman's Fund zu zerlegen und das Privatkundengeschäft zu verkaufen. Die Versicherung von Firmen will Diekmann weiter betreiben, aber der Münchner Tochter Allianz Global Corporate & Specialty anvertrauen.

Diekmann hatte lange gezögert, das Problem Fireman's Fund anzugehen. Auch bei Pimco wurde der Konzern erst spät aktiv, als die Risse in der Führung unübersehbar waren. Der Gross-Abgang kommt wenige Tage, bevor die Allianz am Donnerstag ihre neue Führungsstruktur beschließen will. Bislang hat Diekmann sich nicht dazu geäußert, ob er bleibt. Im Dezember läuft sein Vertrag aus, er wird dann 60 Jahre alt. Angesichts der Großbaustellen könnte er noch ein, zwei Jahre weitermachen.

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