Pilotenvereinigung Cockpit:Beim Erzfeind gelandet

Ausgerechnet der Gewerkschaftsgegner Joachim Hunold schließt nun Tarifverträge. Doch seine Air-Berlin-Gruppe ist für die Tariffreiheit inzwischen zu groß.

Sibylle Haas

Nun also trifft es auch ihn. Joachim Hunold, Chef des Billigfliegers Air Berlin, bekommt die Gewerkschaften direkt ins Haus.

Ausgerechnet Hunold, der erbitterte Gegner der Arbeitnehmer-Organisationen schließt Tarifverträge mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und Verdi ab.

Dabei hat der Mann bisher alles Mögliches getan, um die Gewerkschaften aus der Air Berlin herauszuhalten. Vor allem mit der streikerprobten Vereinigung Cockpit, die ihm stets vorwarf, die Mitarbeiter auszubeuten, wollte Hunold nichts zu tun haben.

Welch ein Erfolg

Nun bescheinigen ihm die Gewerkschaften quasi einen guten Umgang mit den Beschäftigten, denn in den Tarifverträge bei Air Berlin werden die momentanen Arbeitsbedingungen festgeschrieben. Welch ein Erfolg für Hunold.

Schon lange stand fest, dass Hunold, der die Funktionäre gerne als Betonköpfe bezeichnet hat, umdenken und sich mit ihnen an einen Tisch setzen muss.

Air Berlin ist seit über einem Jahr börsennotiert und will wachsen. Die Wachstumsstory hat Hunold mit Bravour gefunden, indem zunächst der Konkurrent DBA und bald darauf der Ferienflieger LTU geschluckt wurde.

Hunold bekam, was er brauchte: Die Air-Berlin-Aktie reagierte mit einem Freudensprung auf die Deals. Das war Balsam für den Air-Berlin-Chef, für den der anfangs misslungene Börsengang ein harter Schlag war.

Das Konglomerat ergänzt sich gut

Das Konglomerat aus Air Berlin, DBA und LTU soll dem Marktführer Lufthansa Konkurrenz machen, denn die drei Fluggesellschaften ergänzen sich gut. DBA ist stark im innerdeutschen Flugverkehr, LTU bei Fernflügen und Air Berlin auf der Mittelstrecke.

Doch die Wachstumsstory für die Börse ist die eine Seite. Die andere ist, dass bei DBA und LTU die Gewerkschaften an Bord sind und dass es deshalb Tarifverträge dort gibt.

Zudem wird die Air-Berlin-Gruppe durch die Übernahmen auch so groß, dass Tarifverträge unumgänglich sind. Die Zeiten, in denen Hunold mit jedem Mitarbeiter individuelle Arbeitsverträge schloss, sind vorbei.

Warnstreiks beleuchten Kräfteverhältnisse

Klar war auch, dass Hunold langfristig einen anderen Ton gegenüber den Gewerkschaften anschlagen muss. Denn die Warnstreiks bei DBA und LTU haben gezeigt, wie rasch die Gewerkschaften einen dicken Strich durch die ausgetüftelten und aufeinander abgestimmten Flugpläne machen können.

Eigentlich hätte die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit am liebsten sofort einen Tarifvertrag für LTU und DBA ausgehandelt, in den auch die Air Berlin einbezogen worden wäre. Das wird nun der nächste folgerichtige Schritt sein.

Noch war dies zu früh, weil das Bundeskartellamt den LTU-Deal noch nicht gebilligt hat. Deshalb werden die Tarifverträge für DBA und LTU noch gesondert verhandelt. Die Streikdrohungen bei diesen beiden Airlines sind damit auch noch nicht vom Tisch. Doch das Einlenken Hunolds bei Air Berlin sollte die Gewerkschaften verständig stimmen. Denn in beiden Fällen geht es darum, mehr Gehalt durchzusetzen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Es wäre fahrlässig, wenn die Mitarbeiter von DBA und LTU durch lange Arbeitskämpfe die Zukunft ihrer Firmen aufs Spiel setzten.

Ehemalige Sanierungsfälle

Beide Fluggesellschaften waren Sanierungsfälle und wurden nur durch Hilfe Dritter vor dem Aus bewahrt. Die DBA sollte dicht gemacht werden, als ihre britische Mutter British Airways mit ihr nichts mehr anzufangen wusste.

Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl übernahm schließlich die DBA für dem symbolischen Preis von einem Euro, machte sie profitabel und verkaufte sie vor einem Jahr an Air Berlin.

Inzwischen sind die DBA-Flugzeuge auf Air-Berlin-Farben umlackiert. Die LTU überlebte die Pleite ihrer Mutter Swissair im Jahr 2001 nur knapp durch eine Landes-Bürgschaft, später stieg Wöhrl auch bei der LTU ein, und verkaufte sie dann an Air Berlin.

Sicher, die Mitarbeiter haben einen Beitrag zur Sanierung geleistet und verlangen nun zu Recht einen größeren Zuschlag beim Geld. Doch die LTU ist finanziell noch nicht über dem Berg. Das sollte bedacht werden, wenn die Gewerkschaft zum Arbeitskampf aufruft. Dass sie nun beim "Erzfeind" Air Berlin gelandet ist, sollte ihr ein Entgegenkommen wert sein.

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