Pharmaindustrie:Die große Unsicherheit

Angst vor dem Verlust der Privatsphäre, unverantwortlicher Umgang mit den gewonnen Erkenntnisse: Apps und große Datenmengen zur Gesundheit überfordern Patienten und Ärzte.

Von Helga Einecke, Frankfurt

Die Fülle der abrufbaren Daten über den menschlichen Körper verunsichert viele Patienten und Ärzte. Dennoch dürfte die immense Menge an Daten in Zukunft das Gesundheitswesen revolutionieren, bestenfalls auch die Kosten stabilisieren. Zu diesem Schluss kamen die Teilnehmer einer Diskussion über Big Data, E-Health und Gesundheits-Apps. Ursula Kramer, die eine Bewertungsplattform für Gesundheits-Apps betreibt, meinte, es sei für Verbraucher schwierig, die Perlen in den vielen Internet-Informationen zu finden. Zwar gingen die Nutzer relativ souverän mit den Apps um, zeigten sich aber überwiegend ängstlich über ein Ausspähen der preisgegebenen Informationen. Offenbar zu Recht, denn nur ein Zehntel aller Apps zum Blutdruck messen machen überhaupt Angaben zum Datenschutz.

Patrick Horber, Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Abbvie, räumte unumwunden ein, er selbst würde seine Daten angesichts der unklaren Rechtslage im Umgang mit den Gesundheitsdaten nicht uneingeschränkt zur Verfügung stellen. Abbvie biete selbst keine Apps an, arbeite aber mit Patientenorganisationen und Ärzten zusammen. Abbvie komme an diese Daten aber nicht ran. Würde man aber generell auf diese Daten zurückgreifen können, ergäben sich große Chancen für die Industrie, neue Hypothesen aufzustellen. Zwar machten Daten die Wissenschaft nicht überflüssig, aber der einzelne könne so etwas gutes für die Gemeinschaft tun.

Bislang scheitere die Auswertung der vorhandenen Daten am mangelnden Vertrauen über deren Sicherheit. Dabei böten Krankenversicherer längst Apps zum gesünderen Leben mit finanziellen Folgen für den Versicherten an. Wolfgang Rehmann, Partner der Kanzlei Taylor Wessing, riet zu einem vorsichtigen Umgang. Im Zweifel landeten die Daten von Apps in Clouds. Im schlechtesten Fall könne auch das solidarische Gesundheitswesen entsolidarisiert werden.

Viele Ärzte fühlten sich von Patienten überfordert, die mit einer ganzen Mappe mit Informationen und sogar Therapievorschlägen in ihre Praxis kommen. Es sei offen, wer die mögliche lückenlose Überwachung von Patientendaten bezahle. Dies sei bei der Erstattung durch die Krankenkasse gar nicht vorgesehen. Deshalb müssten auch die Mediziner den Umgang mit den vielen Daten lernen, ihn in die Behandlung mit einbauen.

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