Peugeot-Citroën:Opel-Werk in Eisenach soll fast die Hälfte der Stellen streichen

Peugeot-Citroën: Vor einer ungewissen Zukunft: Die Arbeiter im Opel-Werk Eisenach wissen nicht, was sie künftig bauen sollen.

Vor einer ungewissen Zukunft: Die Arbeiter im Opel-Werk Eisenach wissen nicht, was sie künftig bauen sollen.

(Foto: oh)

Der Peugeot-Citroën-Konzern hat vorgeschlagen, im Thüringer Werk 800 von 1800 Mitarbeitern gehen zu lassen. Bundeskanzlerin Merkel stellt sich hinter die Arbeitnehmer.

Von Max Hägler

Dass es schon wieder nicht rundläuft bei Opel, hatte sich bereits am Wochenende gezeigt: Michael Lohscheller, der Chef des Autobauers, verlangte Zugeständnisse von den Arbeitnehmern. Die 19 000 Beschäftigten sollten der Stundung der im April anstehenden Tariferhöhung und dem Abbau übertariflicher Zulagen zustimmen, weil die Bilanzen weiter unerfreulich sind.

Doch sie denken nicht daran - und baten stattdessen um ein Krisengespräch, das Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dann tatsächlich kurzfristig am Montag in seinem Hause einberief: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kam dazu sowie zahlreiche Politiker aus den Ländern mit Opel-Werken. Der wirklich entscheidende Mann der Arbeitgeberseite fehlte jedoch: Carlos Tavares. Der Vorstandsvorsitzende des Peugeot-Citroën-Konzerns (PSA), zu dem seit einem Dreivierteljahr auch Opel gehört. Der Chef habe den Termin nicht so spontan einrichten können, teilte ein Sprecher mit, man sei aber weiter bereit, "den bilateralen Dialog mit der Politik auf Bundes- und Landesebene fortzusetzen".

Betriebsversammlungen an drei deutschen Opel-Standorten

Die Absenz mag daran gelegen haben, dass just an dem Montag das PSA-Exekutivkomitee tagte. Dort wurde auch über Opel geredet, aber gar nicht dialogbereit, wie sich zeigt. Offenbar als Reaktion auf die Weigerung der Arbeitnehmer zu Zugeständnissen soll nun der Standort Eisenach verkleinert werden.

Nach SZ-Informationen hat PSA vorgeschlagen, die Belegschaft im Autowerk Eisenach beinahe zu halbieren. Von derzeit 1800 Mitarbeitern sollen offenbar 800 gehen. Für diesen Donnerstag sind deshalb an den drei deutschen Opel-Standorten Rüsselsheim, Kaiserslautern und eben Eisenach Betriebsversammlungen anberaumt. "PSA und die Geschäftsleitung nehmen billigend den Bruch von Tarifverträgen in Kauf", heißt es in einem Flugblatt. Die Arbeitnehmer haben dabei die Unterstützung der Kanzlerin: "Wir erwarten jetzt erst mal von dem Unternehmen, dass es all das, was es versprochen hat im Zusammenhang mit der Übernahme, auch einhält", sagt Angela Merkel.

In Eisenach werden bislang die Kleinwagen Corsa und Adam gebaut, wobei die Corsa-Fertigung weitgehend nach Spanien verlagert wird und der Adam wenig nachgefragt ist. Schon jetzt gilt dort deshalb Kurzarbeit. Im Ringen um Zukunftsinvestitionen war eigentlich die Fertigung eines kleinen Geländewagens zugesagt, der auch mit Elektroantrieb ausgestattet werden kann. Doch die Investitionen in neue Maschinen sind nun auf Eis gelegt geworden.

Gerade eben ist 1600 Opel-Händlern in Europa gekündigt worden

Dabei ist das in dem Sanierungsplan "Pace" eigentlich vorgesehen, für dessen Ausarbeitung der PSA-Aufsichtsrat Tavares übrigens eine Million Euro Bonus zugesprochen hat. Die Arbeitnehmervertreter sprechen mittlerweile davon, dass der französische Eigentümer sie offenbar "aushungern" wolle: Spätestens in zwei Monaten müssten Entscheidungen getroffen werden, sonst stünden viele Beschäftigte in Thüringen ohne Arbeit da - und dies könnte das beste Argument für Stellenstreichungen sein.

Opel hat generell weiterhin mit Überkapazitäten zu kämpfen, weil sich zu wenige Autos verkaufen, und versucht deshalb seine Kosten zu senken. Gerade eben ist 1600 Opel-Händlern in Europa gekündigt worden - die Verträge sollen zwar neu abgeschlossen werden, aber zu anderen, mithin wohl schlechteren Konditionen für die Vertriebsfirmen. Das allerdings könnte wiederum dem Absatz schaden, der sowieso rückläufig ist: Von 6,9 Prozent im ersten Quartal 2016 sei der Marktanteil nun auf 5,8 Prozent gefallen, errechnete Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut. Der Arbeitgeber solle sich auf neue Produkte und ihren Verkauf konzentrieren, argumentiert entsprechend die Gewerkschaft. "Statt jetzt weitere Forderungen zu stellen, sollte PSA endlich ein belastbares nachhaltiges Geschäftsmodell für Opel auf den Tisch legen", sagt IG-Metall-Chef Jörg Hofmann.

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