Pestizid:Brüssel will Glyphosat befristet länger zulassen

  • Die EU-Kommission schlägt vor, das umstrittene Pestizid Glyphosat für weitere zwölf bis 18 Monate zuzulassen.
  • Der Vorschlag gilt als Kompromiss, um eine Zustimmung der EU-Regierungen zu ermöglichen.

Von Silvia Liebrich

Der Unkrautvernichter Glyphosat wird in Europa wahrscheinlich vorübergehend weiter erlaubt bleiben. Die Verlängerung der Zulassung für das Pestizid solle jedoch auf zwölf bis 18 Monate eingegrenzt werden, sagte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis am Mittwoch in Brüssel. Anfangs waren noch 15 Jahre im Gespräch. Ziel sei es, die Ergebnisse der Europäischen Chemikalienagentur abzuwarten, die den Stoff derzeit noch prüft. Die Behörde soll bis dahin klären, ob das Mittel bei Menschen Krebs auslösen kann oder andere Risiken birgt. Es ist umstritten, ob von dem weltweit am häufigsten eingesetzten Pestizid Gefahren ausgehen.

Mit diesem dritten Vorschlag hofft die EU-Kommission nun auf die Zustimmung der Mitgliedsländer, die am kommenden Montag darüber beraten werden. Zwei geplante Abstimmungen waren in den vergangenen Wochen gescheitert, weil die vorhergehenden Vorschläge nicht auf breite Zustimmung stießen. Auch innerhalb der Bundesregierung war wegen unterschiedlicher Einschätzungen zu dem Pflanzengift ein Streit über eine weitere Zulassung entbrannt.

In ihrem neuen Papier empfiehlt die Kommission ihren Mitgliedsländern, den Einsatz des Mittels in öffentlichen Parks, Spielplätzen und Gärten zu minimieren. Auch das Aussprühen auf Nutzpflanzen direkt vor der Ernte sollte demnach eingeschränkt werden. EU-weit verboten werden soll der Einsatz sogenannter Tallowamine, das sind schädliche Hilfsstoffe, die in einigen Glyphosat-Präparaten enthalten sind.

Industrie hat kein Verständnis

Martin Häusling, Agrarexperte der Grünen im EU-Parlament, lobt den Vorschlag von Andriukaitis. "Wenn man die Situation mit der vor einem halben Jahr vergleicht, ist das ein großer Schritt nach vorn", sagt er. Schließlich sei noch vor einem halben Jahr von einer uneingeschränkten Zulassung für 15 Jahren die Rede gewesen. Kritik kommt dagegen von den Umweltschutzorganisationen Greenpeace und BUND, sie fordern ein sofortiges Verbot des Unkrautvernichters.

Kein Verständnis für den Vorschlag aus Brüssel zeigt auch die Industrie, allerdings aus anderen Gründen. Es gebe keine fundierten wissenschaftlichen oder formelle Gründe, um dem Mittel die Zulassung für weitere 15 Jahre zu verwehren, moniert der Herstellerverband Glyphosat Task Force (GTF) in einem Schreiben an den EU-Gesundheitskommissar. Der beruft sich unter anderem auf das Urteil der europäischen Lebensmittelbehörde Efsa, die das Pestizid bei richtiger Anwendung für unbedenklich hält. Krebsforscher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) halten das Mittel dagegen für bedenklich.

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