Peinlicher Machtkampf:EADS bleibt in der Warteschleife

Es hätte so ein schöner Auftritt für das neue Management werden können. Jetzt wird die größte Luftfahrtschau des Jahres in Le Bourget für den EADS-Konzern wohl zur Blamage.

Von Sibylle Haas

Wenn die designierten Vorstände des größten Luft- und Raumfahrtkonzerns Europas dorthin reisen, dürfte ihnen das Wort zumindest als Konzernchefs versagt bleiben.

Denn es ist fraglich, ob die offizielle Berufung der neuen Vorstandschefs Thomas Enders und Noël Forgeard noch bis zum Messeauftakt am Montag über die Bühne geht.

Aber vielleicht gibt es ja noch eine Überraschung. Es wäre immerhin nicht das erste Mal, dass der Konzern für Verwirrung sorgt. Längst schon sollten Enders und Forgeard als neue Chefs berufen sein. Längst auch sollte Gustav Humbert zum obersten Lenker des EADS-Flugzeugbauers Airbus gekürt werden.

Gerangel um Posten

Doch seit Monaten tobt ein erbitterter Machtkampf im Konzern - erst um die Besetzung des EADS-Vorstands, dann um die Airbus-Führung und nun um die Besetzung weiterer Posten im Management. Was kommt noch?

Die Sache ist längst zur Farce geworden, an der die designierten Vorstände an Autorität verlieren können. In Wirklichkeit geht es den EADS-Eignern um eines: um Einfluss und darum, wer künftig die Fäden zieht. Die französischen Großaktionäre, der Staat und der Mischkonzern Lagardère haben Angst, an Gewicht zu verlieren.

Immerhin sind der designierte EADS-Co-Chef Enders und der künftige Airbus-Vorstand Humbert Deutsche. Deren Inthronisierung schien schon beschlossen, da bestanden die Franzosen kurzerhand darauf, eine neue Führungsebene einzurichten, um ihren Einfluss zu stärken. Doch DaimlerChrysler will das nicht und hat bisher derlei Vorstöße blockiert.

Forgeard als Quertreiber

Als Quertreiber gilt der langjährige Airbus-Chef Forgeard. Der machtbesessene Manager leitet seinen Status aus dem guten Kontakt zu Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac ab. Unbestritten ist aber auch, dass Forgeard bei Airbus einen guten Job gemacht hat. Das stärkt ihn - noch.

Im deutsch-französischen Machtkampf wird schnell vergessen, dass EADS auch spanische Eigentümer hat und dass am europäischen Flugzeugbauer Airbus auch die Briten beteiligt sind. Als Beispiele gelungener Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg galten deshalb lange Zeit die Flugzeuge.

Immerhin schnappte Airbus dem langjährigen Weltmarktführer Boeing Marktanteile und Kunden weg und schwang sich an die Spitze auf. Doch das Image der europäischen Technologieführerschaft bröckelt. Bei den neuen Airbus-Fliegern gibt es Schwierigkeiten. Soeben ist der Programmstart für den A350 verschoben worden, weil Entwicklungs- und Produktionsarbeiten für andere Programme vorrangig sind. Das ist ein Rückschlag auf der Zeitachse.

EADS bleibt in der Warteschleife

Denn die Europäer hinken mit diesem mittelgroßen Flugzeug für die Langstrecke dem US-Konkurrenten Boeing (787 Dreamliner) ohnehin schon Monate hinterher. Die Bestellungen für das neue Airbus-Modell A350 kommen nur zögerlich herein - die Fluggesellschaften bevorzugen zumindest bisher den modernen Dreamliner von Boeing.

Superflieger verzögert sich

Zum Imageproblem könnte vor allem der Großraumflieger A380 werden, der eigentlich als Prestigeprojekt gedacht ist und den Boeing-Jumbo vom Sockel reißen soll. Doch weil sich die Tests verzögern, kommt der Flieger später als geplant zu seinen ersten Kunden, die auch schon mit Konventionalstrafen drohen. Airbus muss sich beeilen, um beim Wettlauf mit Boeing nicht wieder zurückzufallen.

Erst vor einigen Tagen musste ein Airbus-Manager eingestehen, dass Boeing in diesem Jahr wieder mehr Flugzeug-Bestellungen einheimsen könnte als Airbus.

Handelskrieg mit den USA

Zugleich tobt ein Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union. Boeing und Airbus werfen sich gegenseitig vor, unerlaubte Beihilfen zu erhalten. Vor der Welthandelsorganisation WTO soll der Subventionsstreit ausgefochten werden, was Jahre dauern kann. Auch dies könnte Airbus zurückwerfen.

Denn das US-Repräsentantenhaus will keine Verteidigungsaufträge an ausländische Firmen vergeben, die subventioniert werden. Damit wäre der Traum vom Einstieg ins lukrative US-Militärgeschäft für EADS zunächst vorbei.

Das Angebot von Airbus, auf billige Staatskredite verzichten zu können, wirkt wie ein später Versuch zum Einlenken. Die Probleme häufen sich. Der Konzern braucht eine Führung, die strategisch und operativ handlungsfähig ist. Die Grabenkämpfe sollten deshalb beendet werden, bevor die Konkurrenz aus Übersee ihren Nutzen daraus zieht und die Europäer wieder abhängt.

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