Paradise Papers:Altmaier will sich mit Enthüllungen "auseinandersetzen"

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Vor wenigen Tagen sondierte er noch für die CDU, jetzt ist Peter Altmaier als geschäftsführender Finanzminister gefragt. (Foto: dpa)
  • Justizminister Heiko Maas fordert nach der Veröffentlichung der Paradise Papers transparentere Steuerregeln in der EU.
  • SPD-Chef Martin Schulz sprach sich ebenfalls für stärkere Anstrengungen der EU aus.
  • In den USA kritisieren mehrere Senatoren das Trump-Kabinett. Grund sind Verbindungen des Handelsministers Wilbur Ross nach Russland.
  • US-Politiker Wilbur Ross will seine Anteile an einer umstrittenen Kreml-nahen Firma "wahrscheinlich nicht" behalten.

Die Paradise Papers haben weltweit Debatten ausgelöst. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung begrüße die Veröffentlichtungen. Im Kampf gegen Steuerflucht habe es zwar Fortschritte gegeben. Die Arbeit müsse jedoch intensiv fortgesetzt werden. "Transparenz ist der Untergang jeder Steueroase", sagte Seibert.

Der geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte Konsequenzen auf europäischer Ebene. "Wir müssen Steuerschlupflöcher innerhalb der EU schließen", sagte Maas. Nur so könne man "auch weltweit glaubwürdig für mehr Steuergerechtigkeit eintreten". Zudem forderte der Minister mehr Transparenz und eine Vereinheitlichung der Steuerregeln in der EU. Die Paradise Papers zeigten, wie notwendig diese Arbeit sei. "Es kann doch nicht sein, dass etwa Internetgiganten in Europa riesige Milliardengewinne erzielen, aber nur minimale Steuern zahlen", sagte er.

Später am Tag äußerte sich SPD-Chef Martin Schulz. Auch er sprach sich für stärkere Anstrengungen der EU im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerflucht aus. Auf europäischer Ebene fehle dafür aber die Konsequenz. "Die Gelackmeierten sind die Bürgerinnen und Bürger, und oft auch die kleinen und mittleren Unternehmen", sagte Schulz.

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In den Daten finden sich neue Hinweise zu einem der größten Steuerverfahren der Geschichte. Und ein Glücksspiel-Milliardär agiert in einer rechtlichen Grauzone.

Der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier hat ebenfalls ein schärferes Vorgehen gegen Steuerschlupflöcher gefordert. Der Kanzleramtschef amtiert vorübergehend als Finanzminister, weil Wolfgang Schäuble ins Amt des Bundestagspräsidenten gewechselt ist. Vor einem Treffen mit Amtskollegen in Brüssel sagte Altmaier der Nachrichtenagentur AFP, es könne sich aus den Paradise Papers Handlungsbedarf auf EU-Ebene ergeben. "Wir müssen uns damit auseinandersetzen", bekräftigte Altmaier demnach. "Wir sind jedenfalls entschlossen, das zu tun."

In den 13,4 Millionen Dokumenten, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden, tauchen die Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern auf, außerdem Superreiche, Sportler und Unternehmer. Außerdem belegen die Paradise Papers, wie Konzerne Steuerzahlungen in Milliardenhöhe vermeiden.

Jeremy Corbyn: "Die Superreichen haben eigene Spielregeln"

Die Nichtregierungsorganisation Oxfam fordert mehr Transparenz und "scharfe Sanktionen" gegen das Geschäftsmodell von Steueroasen. "Steuervermeidung ist ein lichtscheues Geschäft", sagte Oxfam-Steuerexperte Tobias Hauschild. "Das zeigt auch die jetzt bekanntgewordene Anfrage Apples nach einem Ort mit möglichst geringen Steuersätzen bei gleichzeitig möglichst geringer Transparenz."

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft, die Mitarbeiter der Finanzämter vertritt, fordert ein hartes Vorgehen gegen Steuerflucht. "Es sind bestimmte reiche Leute, die sich getrieben durch Gier, durch Arroganz und durch eine Staatsverachtung beim Steuerzahlen in die Büsche schlagen und den Staat der Lächerlichkeit preisgeben", sagte Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Eine dubiose Anwaltselite nutze auch das kleinste Steuerschlupfloch weltweit, während dem Arbeitnehmer in Deutschland jeder Cent automatisch abgezogen werde.

In Großbritannien verurteilte der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei Offshore-Geschäfte. "Die Superreichen haben eigene Spielregeln, wenn es um Steuern geht", sagte Corbyn. Die Paradise Papers müssten nun zu einem "entschlossenen Handeln und echten Veränderungen" führen, fügte Corbyn bei einem späteren Auftritt in London hinzu. In den Paradise Papers finden sich viele Bezüge zu den Britischen Jungferninseln und den Bermudas, die britische Überseegebiete sind.

In den USA stehen vor allem die durch die Paradise Papers aufgezeigten Verbindungen des Handelsministers Wilbur Ross nach Russland in der Kritik. Mehrere Senatoren forderten eine Untersuchung der geschäftlichen Verbindungen von Ross. "Die Amerikaner haben Antworten verdient", sagte der Demokrat Richard Blumenthal. Das Trump-Kabinett habe einen "gravierenden Fehler" begangen, indem es die Verbindungen zu Russland nicht offengelegt habe.

Die Enthüllung könnte die Trump-Regierung weiter in Bedrängnis bringen

Handelsminister Ross profitiert als Privatmann von Geschäften mit einer Firma, die dem Schwiegersohn des russischen Präsidenten Wladimir Putin und Kreml-nahen Geschäftsleuten gehört. Die Enthüllung könnte die Regierung von US-Präsident Donald Trump weiter in Bedrängnis bringen; ein Sonderermittler untersucht seit Monaten die Kontakte zwischen Trumps Team und Moskau.

In mehreren Interviews äußerte sich Ross am Montag zu den Berichten über seine Russland-Verbindungen. Er deutete an, seine Navigator-Aktien verkaufen zu wollen. In einem Interview mit Bloomberg antwortete Ross auf die Frage, ob er seinen Anteil behalten werde: "Wahrscheinlich nicht. Ich wollte das eigentlich ohnehin verkaufen." Dies stehe aber nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Enthüllung. Er habe "nichts Illegales, nichts, was auch nur ein bisschen unzulässig wäre" getan. "Nichts daran ist verwerflich", sagte Ross in einem BBC-Interview.

In Kanada erklärte die Liberale Partei von Premier Justin Trudeau, dass Chefspendensammler Stephen Bronfman keinen Einfluss auf die Politik der Partei habe. Bronfman ist den Paradise Papers zufolge in Geschäfte in Steueroasen verwickelt. Dem kanadischen Staat sind womöglich mehrere Millionen Dollar an Steuern entgangen.

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