Pannenserie bei Technologiekonzern:Pleiten, Pech und Siemens

Beim Münchner Technologiekonzern Siemens ging in der Vergangenheit vieles schief: Der Ausstieg aus dem Handygeschäft begann 2005. Auch aus dem Solargeschäft will sich Siemens verabschieden, obwohl vor einigen Jahren noch Hunderte Millionen Euro investiert wurden. Nun gibt es wieder Probleme. Mit ICE-Zügen.

Thomas Fromm

Es war wohl kein gutes Omen, was in diesen Tagen in München bekannt wurde: dass sich Siemens von seiner Vorstandsfrau Barbara Kux trennt. Jener Managerin, die vor vier Jahren als erste Frau in der langen, 160-jährigen Geschichte des Konzerns in den Vorstand eingezogen war. Damals hatte Konzernchef Peter Löscher noch gemeint, Siemens müsse weiblicher, internationaler, farbiger werden. Jetzt wird das Unternehmen stattdessen wieder: männlicher. Und die Personalie Kux zeigt, dass vieles von dem, was sich Löscher in den vergangenen Jahren strategisch vornahm, so nicht geklappt hat.

Zum Beispiel die Sache mit dem israelischen Solarunternehmen Solel, vor drei Jahren für 284 Millionen Euro gekauft. Eine Fehlinvestition, wie sich schnell herausstellte. Damals hieß es, bei Siemens "scheint nun die Sonne". Im Geschäft mit Sonnenenergie schien die Zukunft eines Konzerns zu liegen, der sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder neu erfand. Inzwischen steht Solel zum Verkauf, der Rückzug aus dem nordafrikanischen Wüstenstromprojekt Desertec ist beschlossene Sache - die Sonne geht diesmal unter, bevor sie überhaupt richtig aufgegangen ist.

Aufgebaut, verstärkt, geschlossen

Wie so oft in der Vergangenheit wurden Geschäfte aufgebaut, durch teure Zukäufe verstärkt - und wieder geschlossen. Fragte man Siemens vor zehn Jahren, was denn das eigentliche Kerngeschäft sei, gab es unter anderem zur Antwort: Kommunikation. Der Ausstieg aus dem schnelllebigen Geschäft mit Handys und Netzwerken wurde nach 2005 peu à peu vorangetrieben - was blieb, waren die großen Projekte wie Kraftwerke, Fabrikautomatisierungen, Krankenhaus-Einrichtungen und: Züge.

Das Thema mit den Zügen beschäftigt den Konzern seit Jahren, und damit auch die Bahn. Schon vor zwei Jahren gab es erstmals Probleme mit defekten Klimaanlagen. Bilder von Reisenden, die bei Sauna-Temperaturen von 50 Grad und mehr aus den Waggons taumelten, gingen durch die Medien; die Wut der Bahn-Kunden wuchs.

Die dann für 2011 geplante Lieferung der Baureihe Velaro an die Bahn im Wert von einer halben Milliarde Euro musste verschoben werden. Es gab Probleme bei den Bremsen, den Klimaanlagen und mit Radsatzgestellen.

Die nächste Panne

Jetzt die nächste Panne: Die 16 Züge, die schon vor einem Jahr ausgeliefert werden sollten, sind immer noch nicht fertig. Die Gründe sind: im Grunde banal. Da gibt es zum einen Probleme bei der Steuerung der elektronischen Sicherungssysteme, eigentlich eine ureigene Kompetenz des Münchner Technologiekonzerns. Dies habe bei Testfahrten zu Sofortbremsungen geführt.

Dann gab es Schwierigkeiten beim Zusammenkoppeln verschiedener Züge, die sich, so die Bahn, bei Tests nicht sofort "elektronisch verstanden" hätten. Wie ein solcher Betrieb von Zügen, die elektronisch nicht zusammengehen, in der Praxis funktioniert, mag man sich ausmalen - etliche Störungen wären wohl die Folge gewesen. Außerdem, heißt es in Agenturberichten, hätten auch die Hauptschalter in den Bordrestaurants und der Wasserabfluss in den Küchen nicht regulär funktioniert.

Viele Probleme, große Wirkung: Siemens selbst ging am Mittwochabend eher schmallippig mit dem Thema um. "Die Übergabe von einsatzbereiten ICE-Zügen (Velaro D) für den Inlandsverkehr von Siemens an die Deutsche Bahn verzögert sich über Anfang Dezember dieses Jahres hinaus", so die Mitteilung, die der Konzern verschickte. Man werde die Züge nun "sukzessive zur Verfügung stellen".

Wann genau? Darüber gibt es derzeit keine Informationen. Der Konzern hütet sich im Moment, sich auf neue Auslieferungstermine festzulegen. Termine sind eine schwierige Sache. Sie könnten am Ende nicht eingehalten werden.

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