Panama Papers:Auf der goldenen Brücke

Lesezeit: 2 min

Über ein Netzwerk von Offshore-Firmen soll das Regime in Nordkorea Geld in China versteckt haben. Die US-Behörden ermitteln. Aufschluss geben die Panama Papers.

Von Christoph Giesen, Peking

Der chinesische Nordosten ist eine arme Region, an ihm ist der Wirtschaftsboom des Landes vorbei gezogen. Am schlimmsten ist die Lage an der nordkoreanischen Grenze. Wer hier reich werden möchte, muss einfallsreich, vielleicht auch skrupellos sein.

Ma Xiaohong ist reich. Die 44-jährige Unternehmerin lebt in Dandong, die Eisenbahnlinie Peking - Pjöngjang führt hier über den Fluss Yalu, der Nordkorea von China trennt. Praktisch alle Waren, die Nordkorea importiert, werden über diese Gleise ins Land gebracht.

Niemand in Dandong war so erfolgreich im Nordkorea-Handel wie Ma. Mehr als ein Fünftel des Handels zwischen Nordkorea und China soll Mas Firma, die Dandong Hongxiang Industrial Development Company (Firmenmotto: "Eine goldene Brücke, um Nordkorea mit dem Rest der Welt zu verbinden"), zeitweise abgewickelt haben. Doch damit könnte es nun vorbei sein. Die umtriebige Unternehmerin steht im Zentrum weitreichender Ermittlungen, die die amerikanischen-chinesischen Beziehungen berühren.

Die Kanzlei hätte merken müssen, dass die Unternehmerin auf der Sanktionsliste steht

Das Justizministerium in Washington wirft Ma und drei Mitstreitern vor, ein Netzwerk an Tarnfirmen aufgebaut zu haben. Mit Hilfe dieser, allesamt in Steueroasen registrierten Gesellschaften, soll das Regime in Pjöngjang Geld auf chinesischen Bankkonten versteckt und es anschließend gewaschen haben. Mehrere Hundert Millionen Dollar sollen Ma und ihre drei Kollegen verwaltet haben. 25 chinesische Bankkonten will das amerikanische Justizministerium deshalb einfrieren lassen.

Die Eisenbahnbrücke von Dandong: Fast alle Güter, die Nordkorea importiert, rollen über diese Gleise von China ins Land. (Foto: Thomas Peter/Reuters)

Noch stellt sich die chinesische Führung öffentlich vor Ma: Die Regierung verbitte sich die Einmischung, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Doch nach dem jüngsten Atombombentest Anfang September hat Peking scharfen Sanktionen gegen Nordkorea zugestimmt.

Vor sieben Jahren setzte das amerikanische Finanzministerium die nordkoreanische Korea Kwangson Banking Corp. auf die Sanktionsliste, da das Institut, das auch eine Filiale in Dandong unterhält, Geld für das Atomwaffenprogramm Nordkoreas transferiert haben soll. Vor den Sanktionen arbeitete Mas Firma offen mit der Bank zusammen. Zwischen 2009 und 2015 sollen Ma und ihre drei Mitstreiter laut Anklage weiter heimlich mit dem Institut kooperiert haben, und zwar über insgesamt 22 Tarnfirmen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die amerikanische Regierung Offshore-Firmen wegen Beziehungen zu Nordkorea auf die Sanktionsliste setzt. 2013 erwischte es die Daedong Credit Bank und ihren inzwischen inaktiven Offshore-Arm. Es besteht der Verdacht, dass seit 2007 über die Konten der Bank Geschäfte der Korea Mining Development Trading Corporation abgewickelt wurden. Das Unternehmen, dessen Name nach Bergbau klingt, ist eine Tarnorganisation, hinter der sich der staatliche Waffenhändler verbirgt.

Wie problemlos Ma Offshore-Firmen gründen konnte, zeigen nun die Panama Papers, jener Datensatz der Kanzlei Mossack Fonseca, den die Süddeutsche Zeitung seit Monaten gemeinsam mit Medienpartnern aus mehr als 80 Ländern auswertet.

Im Juni 2011 etwa ließ Ma die Firma Sky Bright Development auf den Seychellen registrieren. Als Zweck der Gesellschaft gab Ma schlicht "Shipping" an. Sich selbst bezeichnete sie laut Akten zurückhaltend als "Merchant", also als eine Händlerin. 7300 Yuan, umgerechnet etwa 1000 Euro kostete sie die neue Firma. Und schon war Sky Bright Development eingetragen. Ein weiteres Unternehmen im Geflecht. Auch Firmen ihrer Kompagnons finden sich in den Panama-Daten.

(Foto: N/A)

Normalerweise hätte Ma Sky Bright Development nicht unter ihrem Klarnamen gründen dürfen. Mossack Fonseca ist eigentlich dazu verpflichtet, zu überprüfen, mit wem ihre Kunden Geschäfte machen und für wen sie Offshore-Gesellschaften einrichten. Die Mitarbeiter müssen einen sogenannten World Check durchführen und dabei die Namen der potenziellen Direktoren und Anteilseigner mit den Sanktionslisten und gängigen Datenbanken abgleichen.

Laut Panama-Daten geschah dies im Fall von Sky Bright Development zwar, offenbar bemerkte jedoch niemand gleich den ersten Treffer der Ergebnisliste: Ma Xiaohong, Senator of Liaoning Province - eben jene Ma, die neue Eigentümerin von Sky Bright Development.

Als Delegierte des Parlaments in ihrer Heimatprovinz ist sie in der Fachsprache der Banker ein sogenannter "Pep" - eine "politisch exponierte Person". Für diese gelten scharfe Regeln. So soll vermieden werden, dass sie Schmiergeld ins Ausland schaffen.

© SZ vom 05.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: