Pakete:"Retouren sind mir am liebsten"

05 06 2014 Beelitz Mauerstrasse Brandenburg Lottogeschäft in Beelitz Geschäft Laden Lotto L

In Deutschland gibt es mehr als 35 000 Paketshops verschiedener Anbieter. (Im Bild: ein Hermes-Paketshop in Brandenburg)

(Foto: imago/Steinach)
  • Eines der größten Probleme bei der Zustellung von Paketen: Der Empfänger ist nicht zuhause.
  • Darum sind für viele Paketshops eine große Erleichterung - sie können als Zustelladresse angegeben werden und erleichtern die Rücksendung.
  • Die Logistikunternehmen zahlen in der Regel 20 bis 40 Cent pro Paket.

Von Hans von der Hagen

Der Ärger beginnt mit einer kleinen Karte: "Ihre Sendung ist da!", steht da in großen, fröhlich roten Buchstaben. Warum das Päckchen leider trotzdem nicht da ist, steht darunter - sehr klein und in Schwarz: "Leider war es heute nicht möglich, Ihnen Ihre Sendung(en) zuzustellen." Gewöhnlich bedeutet das: Der Empfänger wird sich bei der Post in eine spektakulär lange Schlange reihen müssen und vermutlich erst mit Tagen Verspätung seine Sendung in der Hand halten. Und, noch viel schlimmer: Falls die Ware nicht gefällt, wird der Prozess in umgekehrter Reihenfolge erneut durchlaufen.

An sich spiegelt das Paket all die Möglichkeiten der glitzernden Online-Welt wider - womöglich wurde der Inhalt nachts bestellt und binnen weniger Stunden verschickt. Doch dann ist da die Haustür, die sich nicht öffnet: Die Zustellung scheitert auf dem letzten Meter. In diesem Jahr dürften rund drei Milliarden Pakete verschickt worden sein - pro Jahr wächst der Markt um rund sieben Prozent. Damit die Zustellung besser funktioniert, haben in den vergangenen Jahren die Logistiker vor allem ein mächtiges Netz an Paketshops aufgebaut.

"Das ist ja auch quatsch - zwei DHL Shops nebeneinander"

Der Clou: Viele dieser Shops können schon direkt als Zustelladresse angegeben werden - oder sie erleichtern zumindest die etwaige Rücksendung. Größter Anbieter ist die Deutsche Post, deren Paket-Tochter DHL sich nach Angabe einer Sprecherin auf ein Netz von 11 000 Paketshops stützt. Rechnet man Packstationen, Paketboxen und Filialen hinzu, kommt die Post auf 28 000 Annahmestellen. Der nächstgrößte Anbieter im Privatkundengeschäft, Hermes, hat gut 14 000 Paketshops. Und das Netz wird dichter: Offensiv werben Post, Hermes und andere mit der Möglichkeit, einen Paketshop zu eröffnen.

Oft werden Einzelhändler auch direkt angesprochen - wie etwa Friedrich und Silvia Weber. Sie haben seit drei Jahren in München unweit des Ostbahnhofs einen DHL-Paketshop. Gleichzeitig wurde auch der Bäcker nebenan gefragt. Beide machten mit, aber nach kurzer Zeit sei der Bäcker zu Hermes gewechselt. "Das ist ja auch quatsch - zwei DHL Shops nebeneinander", sagt Silvia Weber. Aus Sicht der Post dürfte ihr Laden idealtypisch sein: lange Öffnungszeiten, verkehrsgünstige Lage und typisches Kiosksortiment. Schreibwaren Weber steht noch auf dem Ladenstempel, doch im Geschäft spielen Schreibwaren schon lange keine Rolle mehr. Stattdessen: Zeitschriften, Zigaretten, Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr, Lotto.

Zusätzlich gibt es eine Annahmestelle für eine Reinigung und eben: Pakete. Wirtschaftsfachleute würden sagen: Der Laden hat ein gut diversifiziertes Produktportfolio. Die Webers sagen: Am Ende des Monats muss es reichen. 80 Prozent ihrer Kunden kommen regelmäßig. Silvia Weber begrüßt sie oft mit Namen und viel Hallo. Der eine will dann seinen Lottogewinn in Höhe von fünf Euro abholen, der nächste verlangt Zigaretten und die Dritte suchte eine TV-Zeitschrift. "Zwei Euro und ein Zehnerl", sagt Silvia Weber.

Nebenbei Päckchen messen, wiegen, frankieren, scannen. Für die Anwohner nehmen die Webers auch Päckchen an, aber nicht als reguläre Dienstleistung, sondern als Nachbarschaftshilfe". Das Abholen nicht zugestellter Päckchen geht bei der DHL nur in Paketshops, die den Zusatz "Postfiliale Direkt" tragen.

"Vielleicht einer von 20 Hermes-Kunden schaut sich noch im Laden um"

Angelernt wurden die Webers am Telefon. Klingt lapidar, hat aber gereicht. Geld investieren mussten sie kaum: Den Scanner stellte die Post, und für die Pakete nutzen sie eine Babywaage. Nun, nach ein paar Jahren im Geschäft, weiß Silvia Weber: "Retouren sind mir am liebsten" - damit hat sie den geringsten Aufwand. Insgesamt kommen sie nun im Schnitt auf 400 Sendungen im Monat. Je nach Gewicht erhalten sie dann 20 bis 40 Cent pro Paket.

Ortswechsel. 40 Kilometer nördlich von München liegt Freising, ein Städtchen mit knapp 50000 Einwohnern. Dort findet sich in einem Rückgebäude das Geschäft "Lebensart" - ein Fachhändler für ökologisches Bauen und Wohnen. Nicht unbedingt ein Laden, in dem man einen Paketshop vermuten würde. Doch hier betreibt Udo Rupp zusammen mit zwei Geschäftspartnern nebenher einen Hermes Shop. Das Angebot vor fünf Jahren kam ihnen gerade recht - es war eine Zeit, als es in dem abseits gelegenen Innenhof nach dem Auszug mehrerer Geschäfte still geworden war. Der Paketshop erhöhte die Zahl der Kunden wieder deutlich. Im Schnitt kommen sie auf 1000 Päckchen im Monat. Und Hermes ist etwas großzügiger als die Post: Jedes wird ihnen mit 40 Cent vergütet. Doch wie bei den Webers gilt bei ihnen auch: Der Zusatzumsatz ist überschaubar. "Vielleicht einer von 20 Hermes-Kunden schaut sich noch im Laden um", sagt Rupp.

Hermes war mit den Paketshops viel früher dran als die Deutsche Post. Die ersten entstanden 1999 aus den Ladengeschäften des Versandhändlers Otto, zu dem auch Hermes gehört. Die Post hingegen eröffnete ihren ersten Paketshop erst 2013. Mittlerweile zählt Hermes neben UPS, DPD und GLS zu den Großen der Branche. Den größten Marktanteil hat mit mehr als 40 Prozent aber noch immer die Post.

Inwieweit der Boom bei den Paketen die Zahl der Shops weiter in die Höhe treibt, wagt ein Sprecher von Hermes nicht zu prognostizieren. Schon jetzt sei die Dichte recht hoch. Aber es kommen noch immer viele hinzu. Inzwischen entwickelt die Branche ja schon kühne Pläne, wie die Zustellung modernisiert werden kann: Per Drohne oder Roboter etwa. Oder in parkende Pkw. Toll wäre es auch, sagt einer aus der Branche, wenn es gelänge, das Zeitfenster für die Zustellung drastisch zu verkleinern. Die Kunden könnten dann sagen: "Ich hätte das Päckchen gerne zwischen 17 und 17.05 Uhr." Doch es wird dauern, bis die Ideen im Alltag ankommen. Bis dahin werden freundliche Nachbarn aushelfen - oder der Paketshop von nebenan.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: