Oskar Lafontaine:Der Weltfinanzversteher

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Die Konjunktur bröckelt und Linkspartei-Chef Lafontaine fällt nichts Besseres als ein Konjunkturprogramm ein. Das hat noch nie geholfen, klingt aber gut.

Thorsten Denkler, Berlin

Es scheint kaum noch einen Weg daran vorbei zu geben: Die deutsche Wirtschaft rutscht in den Abschwung. Mit ihrem Herbstgutachten bestätigen die fünf führenden Wirtschaftsinstitute das flaue Gefühl, das viele bereits seit Wochen verspüren.

Wenn nicht noch Schlimmeres passiert, dann wird die Wirtschaft im kommenden Jahr gerade noch um 0,2 Prozent wachsen. Tritt die etwas unwahrscheinlichere Risikoprognose ein, dann muss gar mit einem Minus von 0,8 Prozent gerechnet werden und das nach einem Plus von 1,8 Prozent in diesem Jahr.

Jetzt stehen wieder alle die parat, die schon immer wussten, was in solchen Situationen zu tun ist. Was Deutschland braucht, sagt vor allem Weltfinanzversteher und Chef der Linkspartei, Oskar Lafontaine, sei ein Konjunkturprogramm in Milliardenhöhe.

Es sind die führenden Wirtschaftsinstitute, die das für Unsinn halten. Und auch der gesunde Menschverstand verrät, dass ein Konjunkturprogramm nicht helfen wird, eine Rezession abzuwenden. Für diese Erkenntnis muss man dem Verstand nur eine Chance geben.

Milliarden kein Allheilmittel

Lafontaine will etwa ein "Investitionsstützungsprogramm durch ein Vorziehen öffentlicher Investitionen in Bildung und Infrastruktur". Es gibt da in der Tat einiges zu tun. Die Kommunen stecken seit Jahren in einem Investitionsstau von mehreren hundert Milliarden Euro.

Aber was würde mit den Milliarden geschehen, die als Investitionsprogramm die deutsche Wirtschaft voranbringen sollen? Öffentliche Auftraggeber müssen ihre Leistungen ausschreiben. Ist ein ausländischer Bewerber günstiger, geht der Auftrag dorthin. Ein Garantie, dass die Milliarden in Deutschland bleiben, gibt es also nicht.

Zudem wirken solche Programme - wenn überhaupt - eher mittel bis langfristig, weil die Investitionen je nach Größenordnung einige Jahre Planungsvorlauf haben. Es kann also sein, dass die Milliarden erst zur Entfaltung kommen, wenn die Konjunkturflaute längst wieder vorbei ist.

Mehr Geld für Konsum

In der Regel also verpufft das Geld ohne nachhaltige Wirkung. Eine andere Botschaft wäre auch mehr als verwunderlich. Bei einer Volkswirtschaft, deren Bruttoinlandprodukt, also die Summe ihrer wirtschaftlichen Leistungen, weit über zwei Billionen Euro pro Jahr umfasst, kann selbst ein 50-Milliarden-Programm nur kosmetischen Charakter haben. Mal abgesehen davon, dass es nicht finanzierbar wäre.

Genauso wenig übrigens wie die 400 Millarden Euro finanzierbar wären, für die der Bund gegenüber den Banken jetzt bürgen will. Wenn der Bund das Geld tatsächlich in voller Höhe zahlen müsste, es wäre das Ende aller Politik.

Sinnvoller ist, den Menschen mehr Geld für den Konsum zu geben. Höhere Lohnabschlüsse sind in solchen Branchen gut, denen es trotz Krise gutgeht, wie etwa der Metallindustrie. Auch Nachlässe bei Steuern und Abgaben können helfen, weil das die Menschen unmittelbar auf dem Konto sehen. Große Effekte aber verspricht auch das nicht. Es geht um Stützung der Wirtschaft, nicht um Rettung vor Rezession. Lafontaine vergisst das gerne. Aber die Wahrheit mobilisiert eben weniger Wähler.

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