Opel-Verkauf an Magna:Hilfen mit Sprengkraft

Weil es die EU fordert, versichert Berlin plötzlich, die versprochenen Staatshilfen für Opel seien an alle Interessenten gerichtet, nicht nur an den Favoriten Magna. GM fällt diese Zusicherung schwerer - der Verkauf Opels wankt.

Hängepartie und kein Ende: In dem monatelangen Bieterkampf um Opel hat sich der kanadisch-österreichische Automobilzulieferer Magna zwar zunächst gegen Fiat und schließlich auch gegen die belgische Beteiligungsgesellschaft RHJ International durchgesetzt, doch nun ist die Übernahme Opel plötzlich wieder fraglich.

Opel-Verkauf an Magna: Das Tauziehen um Opel geht weiter: Nun macht die EU-Kommission Schwierigkeiten.

Das Tauziehen um Opel geht weiter: Nun macht die EU-Kommission Schwierigkeiten.

(Foto: Foto: AP)

Wie das Handelsblatt berichtet, erschweren erhebliche rechtliche Bedenken der bisherigen Muttergesellschaft General Motors (GM) den Verkauf Opels.

Der US-Autohersteller habe nach Angaben, die aus Verhandlungskreisen verlauteten, gravierende Probleme, eine Vorgabe der EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes zu erfüllen, heißt es in dem Bericht. In einem Schreiben hatte Kroes zuvor General Motors zu einer Erklärung aufgefordert. Darin sollten die Amerikaner versichern, dass die Entscheidung für Magna frei von politischem Druck der Bundesregierung gefallen sei.

GM-Chef Henderson zuversichtlich

Die Unterzeichnung des Verkaufsvertrages noch in dieser Woche sei durch die EU-Anfrage nicht mehr zu schaffen, so das Handelsblatt weiter. Ursprünglich hatte der Vertrag für den Kauf von Opel durch Magna am Donnerstag unterzeichnet werden sollen. Dieser Termin galt zuletzt wegen der Kroes-Anfrage aber als nicht mehr realistisch.

Noch am Mittwoch hatte GM-Chef Fritz Henderson allerdings öffentlich erklärt, dass er trotz der wettbewerbsrechtlichen Bedenken der EU den Verkauf Opels noch in dieser Woche für möglich halte.

"Es ist denkbar, dass es noch in dieser Woche passieren könnte", hatte Henderson dem US-Wirtschaftssender CNBC gesagt. "Das ist etwas, worauf wir praktisch täglich hinarbeiten." GM stehe in engem Kontakt mit Magna und mit der Bundesregierung.

EU skeptisch

Die EU-Kommission hatte am Freitagabend erklärt, es gebe "deutliche Hinweise", dass die Unterstützung der Bundesregierung nicht den europäischen Wettbewerbsregeln entspräche. Deutschland hatte Opel Staatshilfen über insgesamt 4,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

In einem Schreiben an die Bundesregierung hatte Wettbewerbskommissarin Kroes zudem den Verdacht geäußert, dass die Bundesregierung das von Magna geführte Bieterkonsortium vorgezogen und andere Kaufinteressenten ausgeschlossen haben könnte.

GM muss nun ebenso wie Berlin und die Opel-Treuhand, der Opel pro forma gehört, schriftlich dokumentieren, dass die staatliche Beihilfe nicht an einen bestimmten Investor gebunden sei.

Die Brüsseler Forderung bringe GM aber in eine Zwangslage, so das Handelsblatt. Die Amerikaner wollten den Verkauf zwar nicht blockieren, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Verhandlungskreise. Es sei aber allen Beteiligten klar, dass es eine ernsthafte Alternative zu Magna nie gegeben habe. "Entscheidend war politischer Druck", heiße es in den Kreisen.

Rechtliche Zweifel bei GM

Die GM-Manager hätten zwar bereits eine Rohfassung des Briefes an Kroes verfasst, die rechtlichen Zweifel bestünden aber weiterhin, so das Handelsblatt. Der US-Autokonzern müsse eventuell befürchten, dass seine Darlegung einer strengen Prüfung durch die EU-Kommission nicht standhalten könne, weil interne Dokumente eher darauf hinwiesen, dass die Entscheidung nicht frei zustande gekommen sei.

In der Tat lag General Motors das Kaufangebot des Finanzinvestors RHJI monatelang vor, eine Zeit lang sah es sogar so aus, als ob General Motors der belgischen Beteiligungsgesellschaft den Vorzug vor Magna geben könnte.

Die Bundesregierung hatte an ihrer Präferenz für Magna jedoch schon recht bald keine Zweifel gelassen. Die Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) aus Rheinland-Pfalz und Roland Koch (CDU) aus Hessen hatten sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die zugesagte Staatshilfe nur für den neuen Eigner Magna gelte. In beiden Bundesländern befinden sich Opel-Standorte. Die Mitarbeiter von Opel hatten Zugeständnisse ebenfalls an die Bedingung geknüpft, dass das Konsortium um Magna und die russische Sberbank den Zuschlag erhalte. "Nichts war frei", heißt es deshalb in den Verhandlungskreisen bei GM, so das Handelsblatt.

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung deutlichen Druck auf die deutschen Vertreter in der Opel-Treuhand ausübte. Der FDP-Politiker Dirk Pfeil als Repräsentant der Bundesländer hatte sich bei der entscheidenden Abstimmung Anfang September schließlich seiner Stimme enthalten, nachdem zuvor bekannt geworden war, dass er RHJI bevorzuge.

Der frühere Chef des Automobilzulieferers Continental, Manfred Wennemer, hatte als Vertreter der Bundesregierung sogar gegen Magna gestimmt und beanstandet, dass die wirtschaftlich notwendige Umstrukturierung von Opel aus politischen Gründen verhindert werde. Seiner Meinung nach droht Opel damit schon in wenigen Jahren die Insolvenz, der Hersteller sei einfach zu klein, um allein am Markt zu überleben.

Berlin kritisierte Treuhänder

Wennemer war für seine Haltung von der Bundesregierung sogar öffentlich angegriffen worden. Nach der Abstimmung hatte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 11. September explizit darauf hingewiesen, dass von Wennemer erwartet worden sei, "die Interessen des Treugebers" zu vertreten. Die eine oder andere Erklärung des Managers sei "in der Sache nicht nachvollziehbar."

Schließlich konnte der Verkauf Opels an Magna nur abgesegnet werden, weil die beiden amerikanischen GM-Vertreter in der Opel-Treuhand für das österreichisch-russische Konsortium gestimmt hatten.

Ungeachtet dieser öffentlich bekannten Vorgänge versicherte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Kroes bereits, dass Berlin die staatliche Beihilfe von 4,5 Milliarden Euro unterschiedslos an jeden Opel-Käufer zahlen würde.

Vor diesem Hintergrund riet der Ländervertreter in der Opel-Treuhand, Dirk Pfeil, im Handelsblatt nun von einem Vertragsschluss mit Magna ab.

Sollte klargestellt werden, dass die staatlichen Hilfen für Opel nicht an Magna geknüpft seien, könne General Motors Opel auch behalten, erklärte der FDP-Politiker. Dadurch könnten auch die staatlichen Beihilfen gesenkt werden.

GM-Boss Henderson hatte bereits vor mehreren Tagen signalisiert, dass General Motors Opel auch in Eigenregie weiterführen könnte, sollte der Verkauf an Magna scheitern.

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