Opel-Rettung zum Nulltarif:Merkels Heile-Welt-Rechnung

Die Opel-Rettung belastet den Steuerzahler nicht und die europäischen Länder hätten das Vorgehen Deutschlands in der Causa "geschätzt": Bundeskanzlerin Angela Merkel berichtet aus einer Parallelwelt.

Es ist eine seltsame Rechnung, die Kanzlerin Angela Merkel da aufstellt. 4,5 Milliarden Euro an Staatshilfen soll Opel bekommen - und doch: Den deutschen Steuerzahler wird die Rettung des Traditionsherstellers nichts kosten. "Wir sind sicher, dass hier dem Steuerzahler kein finanzieller Schaden entsteht", sagte die Bundeskanzlerin zumindest den Dortmunder Ruhr Nachrichten.

Wie ist das möglich?

Merkels Rechnung funktioniert folgendermaßen: Wäre Opel pleitegegangen, hätte das nicht nur 25.000 Arbeitsplätze gekostet, sondern die deutsche Wirtschaft mit fünf Milliarden Euro belastet. Denn schließlich hätte der Pensionssicherungsverein sämtliche Pensionslasten für die Opel-Mitarbeiter tragen müssen. Dann hätten "die Einlagen aller anderer Unternehmen erhöht werden müssen", folgerte Merkel. Und das wäre "vor allem für den Mittelstand in der Krise eine unglaubliche Belastung gewesen".

Die Denke der CDU-Kanzlerin geht so: Die Opel-Rettung kostet den Steuerzahler deshalb nichts, weil eine Pleite den Steuerzahler mehr gekostet hätte als eine Rettung. Im Grunde hat Deutschland dieser Rechnung zufolge sogar noch einen Gewinn von einer halben Milliarde Euro erwirtschaftet.

Auch den häufig kritisierten deutschen Alleingang bei der Opel-Rettung verteidigte die Bundeskanzlerin. Sie versicherte, das weitere Vorgehen zur Rettung Opels werde mit den europäischen Partnern eng abgestimmt. "Unsere europäischen Partner haben es sehr geschätzt, dass wir bei Opel die Führungsrolle übernommen haben", sagte Merkel. "Wenn die Briten, Spanier, Polen und Belgier in der Insolvenzphase von General Motors einzeln in Washington hätten vorstellig werden müssen, wäre es sehr schwierig geworden."

Kritik aus London

Die Reaktionen aus London sehen jedoch nicht so aus, als ob die britische Regierung den deutschen Vorstoß so sehr schätzen würde. Keine Gelegenheit lässt Großbritannien ungenutzt, gegen die deutschen Pläne zu zetern. Zu groß ist die Sorge um Arbeitsplätze bei der britischen Opel-Schwester Vauxhall. Die EU-Kommission müsse dafür sorgen, dass die Übernahme durch den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna nicht zu einem "Subventions-Krieg" führe, sagte der britische Handelsminister Peter Mandelson der Financial Times. Es sei Aufgabe der Kommission zu verhindern, dass Werke "nach der Größe des Scheckbuchs" und nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geschlossen oder umstrukturiert würden, fügte Mandelson unter Hinweis auf Überbrückungskredite der Bundesregierung für Opel hinzu.

Kritik an dem deutschen Vorgehen kommt auch aus Belgien. Ministerpräsident Herman Van Rompuy forderte Merkel nachdrücklich auf, die EU-Regeln zur fairen Gewährung von Staatshilfen einzuhalten.

Unterstützung bekam Merkel nur aus Frankreich. Staatspräsident Nicolas Sarkozy verteidigte Deutschland. Schließlich habe auch Frankreich seine Autoindustrie unterstützt - "und niemand sagt, dass der französische Autoplan protektionistisch ist". Was einerseits eine sehr eigenwillige Sichtweise ist und zudem die Tatsache außer Acht lässt, dass in Frankreich überhaupt kein Opel-Werk steht. Immerhin hatte Frankreich seinen beiden Autoherstellern Renault und PSA Peugeot Citroën im Frühjahr Milliardenhilfen zugesagt, wenn diese auf Werksschließungen verzichteten.

Magna will bei Opel 10.500 der bisherigen 50.000 Stellen abbauen, allein in Deutschland sollen 4500 Jobs wegfallen. Betroffen sein könnten auch Werke der britischen Opel-Tochter Vauxhall. Auch die belgische Regierung hatte davor gewarnt, die deutschen Staatshilfen für Magna einseitig an den Erhalt deutscher Arbeitsplätze zu knüpfen.

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