Opel: Nach der Entscheidung:"Magna macht einen großen Fehler"

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Konflikt in Sicht: Magnas Einstieg bei Opel verärgert andere Autohersteller - sie prüfen ihre Geschäftsbeziehungen zu dem Zulieferer.

Michael Kuntz

Die Regeln der Marktwirtschaft vollständig außer Kraft setzen kann nicht einmal die Bundesregierung. Nach der Einigung im Kanzleramt auf den Einstieg von Magna und seinen russischen Partnern bei Opel stellen nun wichtige Kunden ihre Geschäftsbeziehungen zu dem kanadisch-österreichischen Konzern auf den Prüfstand. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung droht Magna der Verlust bedeutender Aufträge von wichtigen Autoherstellern.

Ärger für Magna: Nach dem Einstieg bei Opel wollen andere Autohersteller ihre Geschäftsbeziehungen zu dem österreichisch-kanadischen Zulieferer überprüfen. (Foto: Foto: Reuters)

Zwar hatte BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson noch unlängst erklärt, man werde mit Magna auch dann weiter zusammenarbeiten, wenn der nach Bosch und Denso drittgrößte Zulieferer der Welt als Teilhaber von Opel mit eigenen Fahrzeugen als Konkurrent auftrete. Doch so großzügig wie der bayerische Brite Robertson sehen das die Manager in anderen deutschen Autokonzernen nicht.

"Da macht Magna einen großen Fehler", heißt es in der Zentrale eines Konzerns, der zu den bedeutendsten Kunden des Zulieferers zählt. "Wir überprüfen unsere Geschäftsbeziehungen zu Magna." Dabei könnte sich gerade die bisherige Stärke des Opel-Investors als künftige Schwäche erweisen.

Magna macht mehr

Magna selbst sieht sich als den am meisten diversifizierten, weltweit tätigen Autozulieferer. Die etwa 70.000 Mitarbeiter in den 240 Fabriken und 86 Entwicklungs- oder Vertriebszentren in 25 Ländern stellen nicht nur Massenware her, bei der es einem Autohersteller egal sein kann, wo er sie einkauft.

Magna macht mehr. Das von Frank Stronach gegründete Unternehmen beherrscht nicht nur die Entwicklung, die Tests und die Fertigung von Inneneinrichtungen und Dachsystemen, Karosserien oder Fahrgestellen, sondern auch den Bau kompletter Autos.

Das Werk Steyr ist spezialisiert auf Fahrzeuge mit Allradantrieb und baut demnächst den geländegängigen Kleinwagen der BMW-Marke Mini. Künftig sollen auch das Peugeot 308 Coupé, der Aston Martin Rapide sowie die Porsche-Typen Boxster und Cayman produziert werden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die hohe Kompetenz von Magna zum Problem wird - und welche Ausrichtung GM von dem Opel-Investor verlangt.

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Genau diese hohe Kompetenz gerät nun zu einem Problem. "Wir kaufen bei Magna natürlich keine standardmäßigen Produkte", sagt ein Kunde. Dafür bindet der Hersteller den Zulieferer bereits in die Entwicklung eines Automodells ein, lange bevor es auf den Markt kommt. "Man lässt den Zulieferer sozusagen ins Labor schauen." Das aber gehe nicht mehr, wenn sich Magna vom Zulieferer zum Opel-Produzenten wandele und damit zum unmittelbaren Wettbewerber werde.

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Die Gefahr eines Interessenkonfliktes mit Magna wird auch bei General Motors gesehen. Opel darf auch nach dem teilweisen Rückzug des bisherigen Alleineigentümers GM keine Autos nach Nordamerika oder China liefern. Das habe er der Konzernspitze in Detroit zusagen müssen, erklärte Magna-Chef Stronach nach Medien im kanadischen Ottawa.

Stronach hält aber eine Änderung dieser Vereinbarung für denkbar, wenn dies für GM sinnvoll sei. "Ich glaube sehr, dass man einige Dinge immer ändern kann, wenn man mit einem guten Vorschlag kommt, der für alle sinnvoll ist", sagte Stronach der Agentur Bloomberg.

"Wackelige" Opel-Rettung

Opel-Manager hatten stets beklagt, als Teil des GM-Konzerns auf dem wichtigen US-Markt kaum präsent zu sein. Drei Jahrzehnte lang verschiffte die deutsche GM-Tochter keine Autos mehr über den Atlantik. Erst seit 2008 gibt es den Astra unter der Konzernmarke Saturn in Nordamerika. Von Saturn will sich GM im Anfang der Woche angemeldeten Insolvenzverfahren ebenfalls trennen.

In einer Mitteilung an die amerikanische Börsenaufsicht spricht Stronach nach der Einigung in Berlin von einem Vorteil für alle Beteiligten. Opel werde in die Lage versetzt, erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen. Zugleich betont Stronach aber erneut, es gebe keine Gewissheit, dass Magnas gegenwärtige Mitwirkung auch zu einem Abschluss führe.

Über die Bereitschaft der Bundesregierung, Opel zu helfen, kann man sich bei anderen deutschen Autoherstellern nur wundern. "Das ist ja alles äußerst wackelig. Da gibt es Überbrückungskredite allein dafür, dass Opel die Verhandlungszeit überlebt." Die wurde auf sechs Monate verlängert. In Anspielung auf die Wahlen zu Europaparlament und Bundestag bringt es ein führender Automanager auf den Punkt: "Der Politik kommt es darauf an, den September zu überstehen."

© SZ vom 04.06.2009/kaf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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