Opel in Not:Wie eine Insolvenz funktioniert

Früher hieß es Vergleich und Konkurs - jetzt gibt es nur noch eine Insolvenz. Wie das Verfahren funktoniert und was es für Opel bedeuten würde.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat betont, dass die "geordnete Insolvenz" für Opel als Möglichkeit weiter auf dem Tisch bleibt. Ein solcher Schritt solle zwar vermieden werden. Andererseits dürften aber bei Staatshilfen für private Investoren Steuergelder nicht leichtfertig vergeudet werden.

Opel, ddp

Ein Insolvenz ist mit drastischen Verkaufseinbrüchen verbunden.

(Foto: Foto: ddp)

Die Angebote der Opel-Interessenten Fiat, Magna und der Ripplewood-Tochter RHJ hielt Guttenberg zuletzt für nicht ausreichend. Im Folgenden einige Kernpunkte der seit 1999 in Deutschland geltenden neuen Insolvenzordnung:

Die Voraussetzungen Die Insolvenzordnung nennt drei Gründe für die Erklärung einer Insolvenz:

* Zahlungsunfähigkeit, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

* Überschuldung: Das Vermögen des Schuldners deckt die bestehenden Verbindlichkeiten nicht.

* Drohende Zahlungsunfähigkeit: Der Schuldner wird voraussichtlich nicht in der Lage sein, seine bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

Das Ziel des Insolvenzverfahrens ist, die Gläubiger eines Schuldners durch Verwertung des verbliebenen Vermögens zu befriedigen oder über einen Insolvenzplan eine tragfähige Lösung für den Erhalt des Unternehmens zu finden. Dem Schuldner wird dabei Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

Der Insolvenzantrag wird beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Er wird als unzulässig abgelehnt, wenn die verbliebene Vermögensmasse nicht mehr ausreicht, die absehbaren Verfahrenskosten zu decken. Wird ihm stattgegeben, kann das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen. Der muss unter anderem das Vermögen sichern und - wenn möglich - den Betrieb fortführen.

Maximal drei Monate nach Eröffnung des Verfahrens berichtet der Insolvenzverwalter den Gläubigern über die finanzielle Lage des Unternehmens und die Chancen für eine Fortführung. Letztlich entscheidet eine Gläubigerversammlung, ob das Unternehmen saniert oder liquidiert wird.

Der Insolvenzverwalter: Die entscheidende Person für eine Fortführung aus dem Insolvenzverfahren heraus ist der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter. Er kann damit als Quasi-Unternehmer zum Retter werden.

"Eine Sanierung im (Insolvenz-)Planverfahren kann nur gelingen, wenn sie von jemandem durchgeführt wird, der auf dessen sehr komplexer Klaviatur virtuos zu spielen vermag", sagte Justizministerin Brigitte Zypries einmal.

Allerdings geht es nicht um eine Rettung um jeden Preis. Ziel ist die bestmögliche Verwertung des Schuldnervermögens mit der Maßgabe, Schäden am Unternehmen möglichst klein zu halten.

Der Insolvenzplan: Für den Weg des Schuldner-Unternehmens ist der Insolvenzplan maßgebend. An dessen Aufstellung wirken neben den Gläubigern auch die Arbeitnehmer mit. Er fußt darauf, dass die Gläubiger der Sanierung zustimmen.

Das tun sie in der Regel nur, wenn der Fortführungswert des Unternehmens für sie mehr Erträge als der Zerschlagungswert verspricht. "Insbesondere bei großen Unternehmen mit einer gewissen Substanz ist der Insolvenzplan das geeignete Instrument", sagte Zypries.

Als Beispiel für eine erfolgreiche Insolvenz gilt etwa das Berliner Papierunternehmen Herlitz, dessen Schulden um 300 Millionen Euro reduziert wurden, bei relativ geringem Verlust von Arbeitsplätzen.

Potenzielle Probleme im Fall Opel

Eine Insolvenz bei Opel würde zahlreiche Probleme aufwerfen. Die tiefgreifende Verflechtung im GM-Konzern wäre eine Schwierigkeit. Die Konzernmutter befindet sich selber in Insolvenzgefahr, Opel mit seinen Anlagen und Werten stellt einen Teil des GM-Vermögens dar. Zudem ist GM auch Gläubiger von Opel, müsste also einer Opel-Insolvenz mit Fortführungsziel zustimmen.

Darüber hinaus sind mit der Anmeldung einer Insolvenz gravierende, oft existenzgefährdende Einschnitte in Liefer- und Kundenbeziehungen und Produktionsstrukturen verbunden. Den Geschäftsbeziehungen zu den Schuldnerunternehmen könnte die Vertrauensgrundlage entzogen werden.

Nach Angaben des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer zeigen die Beispiele Saab und Chrysler, dass eine Insolvenz mit Verkaufseinbrüchen von 30 bis 40 Prozent verbunden ist. Zusätzlich müssten bei den Neuwagen Preisabschläge von zehn Prozent befürchtet werden. Dies würde bei Opel-Vauxhall Umsatzeinbußen durch Insolvenz von mehr als vier Milliarden Euro innerhalb eines halben Jahres bedeuten.

"Nach unserer Einschätzung wären damit Zusatzverluste in der Größenordnung von über zwei Milliarden Euro verbunden", sagte der Autoexperte von der Universität Duisburg-Essen.

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