Opel in der Krise:Vereint in der Not

Ein Kaufmann, ein Ingenieur und ein Betriebsrat fahren zur Kanzlerin: Wie die Opel-Vertreter Carl-Peter Forster, Hans Demant und Klaus Franz eine Milliarde Euro heraushandeln wollen.

Harald Schwarz

Kürzlich, bei der Betriebsversammlung auf dem Rüsselsheimer Werksgelände des Autoherstellers Opel, war Klaus Franz in seinem Element. Ungewöhnlich viele Zuhörer waren gekommen, es sei "so voll gewesen wie lange nicht mehr", sagen Teilnehmer.

Opel in der Krise: Der Präsident von General Motors Europa Carl-Peter Forster, der Vorsitzenden der Opel Geschäftsführung Hans Demant und der Vorsitzenden des Opel Gesamtbetriebsrats Klaus Franz warten auf Kanzlerin Angela Merkel

Der Präsident von General Motors Europa Carl-Peter Forster, der Vorsitzenden der Opel Geschäftsführung Hans Demant und der Vorsitzenden des Opel Gesamtbetriebsrats Klaus Franz warten auf Kanzlerin Angela Merkel

(Foto: Foto: AP)

Auch Ingenieure waren da, weil sie fürchten, die Opel-Mutter General Motors (GM) könnte Entwicklungsarbeiten in die USA verlagern. Franz, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, habe dann eine lange, geradezu flammende Rede gehalten. Es war eine Chance, und Franz nutzte sie, indem er vehement über die Misswirtschaft schimpfte, die GM betreibe. Die "Opelaner" dankten es ihm mit tosendem Beifall, was den Arbeitnehmervertreter rührte. Franz hatte nach dem Applaus Tränen in den Augen.

Wer nun meint, der seit Mitte 2000 amtierende Gesamtbetriebsratsvorsitzende sei ein Polterer, ein Hardliner aus den Reihen der IG Metall, der täuscht sich. Franz, der Schwabe, geboren am 4. April 1952 im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt, versteht sich selbst eher als Moderator, der den Interessenausgleich sucht.

Zu Opel nach Rüsselsheim kam er 1975 als Autolackierer, nachdem er eine Lehre als Drogist absolviert und eine Fotofachschule in Kiel abgeschlossen hatte. Seine Laufbahn als Betriebsrat begann 1981. Mit Streiks droht der Mann mit dem Oberlippenbart nur im absoluten Notfall. Er will lieber seiner Linie treu bleiben und ein Verfechter des Dialogs sein.

Seit Jahren in Übung

Das ist nicht immer einfach. Denn im Management trifft er zum einen auf Opel-Chef Hans Demant, der einen glänzenden Ruf als Ingenieur genießt, und zum anderen auf Carl-Peter Forster, einen charismatischen Typ, der sich in der Rolle des harten Sanierers gefällt. Beide vertreten letztlich die Interessen von GM.

Der 54 Jahre alte Forster ist der Statthalter des schwer angeschlagenen Detroiter Konzerns in Europa. Und er ist ein unermüdlicher Antreiber. Einer seine Lieblingssätze lautet: "Ein Tag Stillstand wäre bereits ein Rückschritt."

Forster ist schon biografisch ein Gegenentwurf zu Franz. Er ist Diplom-Volkswirt und Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik. Seine Karriere startete er einst bei der Beratungsfirma McKinsey. Seinen Hang zum Auto entdeckte er bei BMW, wo er 15 Jahre lang arbeitete.

2001 kam er bei Opel an der Spitze des Führungsgremiums an, ehe er 2004 Europa-Chef von GM wurde und das Amt bei Opel an den 58 Jahre alten, in Wiesbaden geborenen Demant weiterreichte.

Der passionierte Hobbyfotograf und Vollblut-Ingenieur befährt gerne im Sportwagen Rennstrecken wie Hockenheim- und Nürburgring. Er wird in Rüsselsheim als Frühstücksdirektor von Forsters Gnaden tituliert. Das Urteil ist ungerecht. Natürlich pflegt er enge Kontakte zu Forster. Aber er kennt Opel schon so lange, dass er durchaus mit einer eigenen Meinung die Interessen der Firma vertreten kann.

Trotz aller Unterschiede: Forster, Demant und Franz wissen, dass sie aufeinander angewiesen sind, wenn sie Opel in eine sichere Zukunft führen wollen. Es heißt, sie pflegten einen "offenen, partnerschaftlichen und konstruktiven Umgang".

Wie würde es wohl wirken, wenn sie sich am Montag vor den Augen der Bundeskanzlerin bei ihrer Stippvisite in Berlin in die Haare geraten wären? Nein, sie wollen die staatliche Unterstützung für Opel und die 25 600 Beschäftigten in Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach. Sie wollen verhindern, dass das Unternehmen bei einer möglichen Pleite von GM mit in den Abgrund gerissen wird.

Das Opel-Triumvirat hat einen großen Vorteil auf seiner Seite. Es ist krisenerprobt. Vor drei Jahren einigten sich Forster und Demant auf der einen und Franz auf der anderen Seite auf ein einschneidendes Sparprogramm.

9000 Arbeitsplätze fielen weg. Franz fasste das als bitterste Niederlage in seiner Karriere als Betriebsrat auf. Er konnte sich aber auch als Sieger fühlen. Denn es waren ihm zwei wichtige Dinge gelungen: Es wurde keine Fabrik geschlossen, und es gab keine betriebsbedingten Kündigungen.

Demant ist erst der vierte Deutsche seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem Opel-Chefposten. Oft musste sich Franz mit Amerikanern auf diesem Stuhl herumärgern, die das Unternehmen nur als Kostenblock betrachteten. Mancher davon war auch schneller wieder weg, als er gekommen war. Jahre vergingen - sie gingen als vertane Zeit in die Opel-Geschichte ein, weil die Qualität der Autos wegen permanenter Kostensenkung litt.

Inzwischen ist das wieder anders. Forster und Demant haben daran durchaus Anteil. Wagen wie Astra und Corsa sind optisch modern und technisch auf der Höhe der Zeit. Für den neuen Mittelklassewagen Insignia, Nachfolger des Vectra, soll Ähnliches gelten. Dass die Autos besser sind als ihr Ruf, ist aber schwer zu vermitteln. Besonders in Krisenzeiten.

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