Opel:"Der schärfste Einschnitt in der Nachkriegsgeschichte"

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Dem radikalen Sanierungskurs des weltgrößten Autoherstellers General Motors fällt bei der deutschen Tochter Opel in den nächsten beiden Jahren fast jeder dritte Arbeitsplatz zum Opfer. Es soll aber keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Bis zu 10.000 Stellen sollen bei dem Traditionsunternehmen gestrichen werden. "Es ist der schärfste Einschnitt in der Nachkriegsgeschichte", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Klaus Franz, am Donnerstag.

Die drohenden Massenentlassungen konnten allerdings verhindert werden: Für eine "sozialverträgliche" Gestaltung habe man GM eine Milliarde Dollar (derzeit rund 750 Mio Euro) "aus den Rippen geschnitten", sagte Franz auf einer Betriebsversammlung in Rüsselsheim. Nur unter dieser Voraussetzung konnten die Betriebsräte nach Franz' Worten zustimmen.

6500 Arbeitnehmer sollen in Beschäftigungsgesellschaft wechseln

"Unter den schlechten Lösungen - und Arbeitsplatzabbau ist immer eine schlechte Lösung - ist dies die beste Erreichbare", kommentierte der Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Opel-Werks, Dietmar Hahn. Der Stellenabbau betrifft neben Rüsselsheim auch Bochum und Kaiserslautern. Opel Eisenach bleibt von den Maßnahmen verschont, teilte die Adam Opel AG mit.

Personalvorstand Norbert Küpper nannte auf der Betriebsversammlung zwar eine geringere Zahl von 9500 Stellen betroffenen Stellen. Die Zahl könne sich aber erhöhen, falls mehr Beschäftigte freiwillig eine Abfindung nähmen. Von den 9500 Betroffenen entfielen 5000 auf Rüsselsheim, 3600 auf Standort Bochum, 400 auf Kaiserslautern sowie 500 auf Powertrain, das GM-Joint-Venture mit Fiat.

6500 Arbeitnehmer sollen in Beschäftigungsgesellschaften wechseln oder eine Abfindung erhalten. Bis Ende Januar müssen sie sich entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. Rund 3000 sollen in Altersteilzeit gehen (ab Jahrgang 1946 und älter) oder in ausgelagerte Unternehmensteile wechseln. "Wir machen Opel damit fit für die Zukunft", sagte Opel-Vorstandschef Hans Demant.

Der erreichte Kompromiss ist nur der erste Schritt bei der Sanierung des Autobauers. "In der zweiten Phase werden nun Verhandlungen zur Standortsicherung, zur künftigen Modellvergabe und zu übertariflichen Leistungen geführt", erklärte Opel-Chef Demant.

Ort für die Produktion der neuen Mittelklasse unklar Der Betriebsrat fordert eine Zukunftssicherung für die Standorte Bochum, Rüsselsheim und Kaiserslautern über das Jahr 2010 hinaus.

Offen ist, an welchem Standort die neue Mittelklasse (Opel Vectra und Saab 9-3) gebaut wird. Die Verhandlungen könnten sich bis zum zweiten Quartal 2005 hinziehen.

Keine Gewinne in den nächsten Jahren

Europaweit wird das harte Sanierungsprogramm 12.000 Stellen bei den GM-Töchtern Opel, Saab und Vauxhall kosten und soll 500 Millionen Euro jährlich einsparen.

Die Belegschaft in Rüsselsheim reagierte gefasst auf die Bekanntgabe der Zahlen. Viele Beschäftigte zeigten sich erleichtert, dass jetzt Fakten auf dem Tisch liegen. Im Oktober hatten die Opel- Arbeiter in Bochum nach der ersten Bekanntgabe der Sanierungspläne in einem wilden Streik sieben Tage lang die Arbeit niedergelegt.

Nach Angaben des Personalvorstandes wird Opel 2005 und 2006 trotz des Sparprogramms nicht die schwarzen Zahlen erreichen. Der Autobauer ist seit fünf Jahren in der Verlustzone und wird auch 2004 einen dreistelligen Millionenverlust verbuchen.

Auch die Zahl der Manager wird um 15 Prozent reduziert, kündigte Opel-Vorstandschef Hans Demant in der Mitarbeiterzeitung Opel-Post an. Bei der Altersteilzeit lägen dem Unternehmen bereits 2500 unterzeichnete Verträge vor. Bei einer Betriebszugehörigkeit von 30 Jahren könne die Abfindung 200 000 Euro ausmachen.

Neben den Personalmaßnahmen sollen auch Unternehmensteile ausgelagert oder Partnerschaften gegründete werden. "Gespräche mit potenziellen Partnern wurden bereits aufgenommen", erklärte Opel. Dies könnten Firmen aus der Komponentenfertigung oder Lagerhaltung sein.

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