Opel: Demonstrationen:Hass auf die Totengräber aus Detroit

Das Totenglöckchen läutet schon ganz leise: Tausende Opel-Mitarbeiter demonstrieren an allen vier deutschen Standorten gegen die GM-Entscheidung - und tragen "ihr" Unternehmen schon einmal symbolisch zu Grabe.

Harald Schwarz, Rüsselsheim

Die Wut der Opelaner ist gigantisch. Knapp 10.000 Opel-Beschäftigte versammeln sich an diesem Donnerstagvormittag in Rüsselsheim, um ihrem Zorn über den Verbleib des Autoherstellers bei General Motors (GM) Luft zu verschaffen.

Opel, Demonstrationen, dpa

Der Trauermarsch: Opel-Mitarbeiter tragen symbolisch ihr Unternehmen zu Grabe.

(Foto: Foto: dpa)

Die Aussagen auf den Plakaten und Transparenten sind eindeutig und kennen nur eine Richtung: gegen den alten und neuen Mutterkonzern. "GM, hau ab!", heißt es auf einem Plakat, neben der Schrift ist ein ausgestreckter Mittelfinger abgebildet. Es sind Mitarbeiter des Testzentrums Dudenhofen, die dieses Plakat durch die Gegend tragen. Nur wenige Meter weiter pädiert ein Ehepaar für "Freiheit für die Skalven von GM" - das Duo hat seine Botschaft auf Schildkappen festgehalten. Und wieder ein Stückchen weiter trägt ein Mann, ganz in Schwarz gekleidet und mit einem Zylinder auf dem Kopf, Opel schon einmal symbolisch zu Grabe. Keine Frage: Für die Opelaner sind die GM-Entscheider aus Detroit die Totengräber.

Im Video: Die Beschäftigten von Opel wollen am Donnerstag aus Protest gegen den geplatzten Verkauf des Rüsselsheimer Autobauers zeitweise die Produktion lahmlegen.

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"Wir wollen ein Zeichen setzten, ein Zeichen gegen GM", sagt ein Opel-Vertrauensmann über die Veranstaltung. Die Entscheidung aus Detroit, Opel nicht an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und die russische Sberbank zu verkaufen, hat die Mitarbeiter kalt erwischt. Zu sicher schien schon der Deal. Die Enttäuschung steht den Demonstranten buchstäblich ins Gesicht geschrieben.

"Das ist der Horror. Meine Familie und ich sind nervlich fertig", sagt ein Opel-Schrauber, wie sich der Mann selbst bezeichnet, weil er seinen Namen nicht preisgeben möchte. Er ergänzt: "Bei GM zu bleiben ist das Schlimmste, was uns passieren konnte."

Angst vor Imageverlust

In Sorge ist auch der Oberbürgermeister von Rüsselsheim, Stefan Gieltowski. Er befürchtet einen Imageverlust für seine Stadt. "Das ist keine Werbeveranstaltung für die Stadt und den Standort Rüsselsheim", sagt er. Mit seinen Kollegen in Bochum, Eisenach und Kaiserslautern hat Gieltowski in der jüngsten Vergangenheit häufig telefoniert. Seine Prognose: Die anderen drei Kommunen werden vom GM-Sanierungsprogramm wohl stärker betroffen sein als Rüsselsheim. GM hat bereits am Vorabend erklärt, dass 10.000 Jobs gekappt werden sollen.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ruft den Opelanern zu: "Wir wollen, dass Opel in Deutschland und Europa eine Zukunft hat." Rüsselsheim sei das Herzstück von Opel, betonte Koch. Er sagte schwierige Wochen mit intensiven Verhandlungen voraus. Man werde sich aber nicht auseinanderdividieren lassen: "Opel ist gut und Opel muss bleiben."

Auch an den anderen drei deutschen Standorten waren Protestaktionen geplant. Zu der Kundgebung vor dem Kaiserslauterer Werkstor wird auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erwartet. Bei den Protesten gehe es zunächst darum, GM und auch der Öffentlichkeit zu zeigen, "dass wir als Arbeitnehmer das so nicht hinnehmen und nicht akzeptieren", sagte der Betriebsratschef des Werks, Alfred Klingel. Zur Kundgebung auf dem Werksgelände in Bochum werden rund 3000 Mitarbeiter erwartet. Bundesweit arbeiten mehr als 25.000 Menschen für Opel - noch.

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