Opel bleibt bei GM:Klatsche für Merkel

Bundeskanzlerin Merkel spricht in Washington, und der Opel-Mutterkonzern General Motors vollzieht in Detroit eine rigorose Kehrtwende. Die Entscheidung der Amerikaner ist vor allem eines: konsequent.

Melanie Ahlemeier

Es ist der K-Tag schlechthin. Während Merkels früherer Wirtschafts- und jetziger Verteidigungsminister Guttenberg von kriegsähnlichen Zuständen in Afghanistan spricht, erfährt Autokanzlerin Merkel ihr ganz persönliches K - K wie Katastrophe.

Opel, Foto: Reuters

Obamas Männer dominieren den GM-Verwaltungsrat, und der hat jetzt entschieden: Opel wird nicht an Magna verkauft. Die Entscheidung in Detroit bedeutet eine Schlappe für Bundeskanzlerin Angela Merkel.

(Foto: Fotos: ddp, dpa; Grafik: C. Büch)

Eben noch hat sie vor dem US-Kongress gesprochen, jetzt sitzt sie im Flieger zurück nach Deutschland - und in den USA platzt die Bombe.

Ob aus der unausweichlichen Auseinandersetzung mit dem Ehemaligen-und-bald-wieder-Opel-Eigentümer General Motors (GM) eine Art politischer Krieg wird, weiß man noch nicht. Möglich ist es. Denn sind die Manager aus Detroit erst wieder Herr im Hause Opel, droht der ganz große Jobkahlschlag - Fabrikschließungen nicht ausgeschlossen. Stellen die US-Manager die Existenz von Bochum, Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern in Frage, dann wäre das nichts anderes als eine Kriegserklärung.

Im Video: Berlin: Enttäuschung über Opel-Entscheid

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Dabei ist die GM-Entscheidung, Opel einfach zu behalten, konsequent und logisch. Die einstige Ikone und ehemalige Nummer eins der Autoindustrie hat sich berappelt, in nur 40 Tagen absolvierte Barack Obamas Autofabrik die geordnete Insolvenz - und steht heute (auch dank der 50 Milliarden Dollar auf Kosten der US-Steuerzahler) so gut da wie schon lange nicht mehr. Nur wird der ins Straucheln geratene US-Autoriese ohne Rüsselsheimer Technologie-Know-how nicht vernünftig auf die Beine kommen. Detroit braucht Opel.

Selbst wenn die Gewerkschaften wie bereits angekündigt im wahrsten Sinne des Wortes von Donnerstag an Sturm laufen werden gegen das noch nicht verkündete GM-Streichprogramm für Opel - bringen wird es herzlich wenig, denn Opel arbeitet derzeit nicht profitabel. Mit GM als altem und neuem Kommandogeber wird sich das in absehbarer Zeit ändern müssen.

Der Schnitt wird gewaltig, er wird schmerzhaft und er ist nicht zu vermeiden. Auch das Modell der geordneten Insolvenz ist nach wie vor denkbar, um Opel als eigenständiges Unternehmen wieder eine Perspektive zu geben. Die kontrollierte Gesundschrumpfung - sie wäre für GM vielleicht sogar das Modell mit dem größten Charme, sicher aber das mit der größten Chance.

Was bleibt nach einem Jahr Opel-Chaos, nach mitternächtlichen Sitzungen, nach lauten gegenseitigen Vorwürfen wie in einer schlechten Ehe? Auf jeden Fall ein ordnungspolitischer Sündenfall, bei dem die Bundesregierung sich viel zu früh auf den Zulieferer Magna und die vom Kreml gelenkte russische Sberbank als Käufer festgelegt hatte. Ein Himmelfahrtskommando auf Kosten der deutschen Steuerzahler wäre es geworden. Das könnte Merkel als gute Nebenwirkung der demütigenden Abfuhr aus Detroit werten. 4,5 Milliarden Euro werden jetzt nicht einfach kopflos verprasst, sondern verbleiben beim ohnehin überschuldeten Staat.

Jeweils 91 Euro davon könnte man für die Fortbildung von Ministern und Bundeskanzlerinnen verwenden. Zu diesem Preis bietet die Volkshochschule in Berlin das Seminar "Betriebswirtschaftslehre kompakt" an. Vielleicht wird dann die nächste Unternehmensrettung nicht wieder zur peinlichen Katastrophe.

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