Opel:Beruhigungspille aus Paris

Peugeot will den Rüsselsheimer Autohersteller übernehmen - und die Beschäftigten angeblich behalten. Die Frage ist nur: Für wie lange?

Von Markus Balser und Thomas Fromm, Berlin/München

Wenn Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) am Donnerstag zu ihrem Amtskollegen Michel Sapin nach Paris reist, sollte sie vielleicht einen sehr frühen Flug nehmen. Denn für acht Uhr in der Früh hat Carlos Tavares, der Chef des Autobauers PSA Peugeot-Citroën, in die Konzernzentrale in die Avenue de la Grande-Armée geladen, um die Geschäftszahlen für das vergangene Jahr vorzustellen. Und man darf davon ausgehen, dass sich die Zuhörer vor allem für ein Thema interessieren werden: die Gespräche des Autoherstellers mit der Opel-Mutter General Motors (GM) über eine Übernahme des deutschen Unternehmens. Geschätzter Preis des deutsch-französischen Geschäfts übrigens: an die zwei Milliarden Euro.

Die Verhandlungspartner machen Tempo, nach fast 90 Jahren kann es GM offenbar jetzt nicht schnell genug gehen, Opel endlich loszuwerden: Spätestens zum Genfer Autosalon in drei Wochen soll der Deal, der schon weit fortgeschritten ist, durch sein. Ausgerechnet Genf: Die Automesse am See gilt auch als eine Art Leistungsschau der französischen Autoindustrie.

Doch ob es wirklich so schnell geht, hängt davon ab, ob die Politik mitzieht. Da es um Tausende Arbeitsplätze geht, ist das Thema längst in Berlin angekommen: Bei einem vertraulichen Gespräch hatte PSA-Generalsekretär Olivier Bourges bereits am vergangenen Donnerstag im Bundeskanzleramt vorgesprochen und Verkehrsstaatssekretär Michael Odenwald, Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig und den Wirtschaftsberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Lars-Hendrik Röller, über die Pläne informiert. Das Ergebnis klingt so, als wollten die Franzosen derzeit vor allem eines: die deutsche Seite beruhigen. Nach Angaben aus Regierungskreisen wollen die Interessenten nach einer Übernahme an den Opel-Jobgarantien bis 2018 und an Investitionszusagen bis 2020 für deutsche Opel-Standorte festhalten.

Keine betriebsbedingten Kündigungen bis 2018, noch drei Jahre Investitionen. Und dann? PSA-Chef Tavares träumt davon, nach der Übernahme von Opel die Nummer zwei auf dem europäischen Automarkt zu werden - nach Volkswagen. Das Problem ist nur: Wenn sich zwei Unternehmen wie Opel und PSA zusammentun, dann sind über Nacht viele Positionen doppelt besetzt. Viele Jobs könnten also ab 2018 verloren gehen, dann ganze Standorte. Was wird aus Rüsselsheim, Eisenach, Kaiserslautern? Dass PSA, an dem der französische Staat beteiligt ist, Stellen im eigenen Land streicht, davon ist kaum auszugehen. Bleibt also nur Opel.

Berlin befürchtet deshalb langfristig einen Stellenabbau. Es seien noch wichtige Fragen offen, heißt es in Regierungskreisen. Man schaue sich auch die Rolle Chinas bei der Übernahme Opels sehr genau an: Der Autobauer Dongfeng hält 14 Prozent an PSA; die Bundesregierung hatte in den vergangenen Monaten mehrere Übernahmen chinesischer Investoren in Deutschland gestoppt. Es gehe bei der Offerte von PSA wohl auch um den Versuch der Chinesen, in Europa noch stärker Fuß zu fassen - diesmal durch eine französische Hintertür. Das dürfe nicht zulasten hiesiger Jobs gehen, verlautete aus Regierungskreisen.

Offiziell äußerte sich die Regierung dazu derzeit nicht. Ein Sprecher kündigte jedoch an, dass die deutsche Politik weiter auf die Übernahmeverhandlungen und die Folgen für Opel Einfluss nehmen will. "Die Bundesregierung ist mit allen Beteiligten auf verschiedenen Ebenen im Gespräch", sagt ein Regierungssprecher am Sonntag zu den Übernahmegesprächen. Ihr sei an einer erfolgreichen Zukunft von Unternehmen und Standorten sehr gelegen. Staatssekretär Machnig, der für die Regierung die Gespräche führt, erklärte die Strategie so: "Uns ist wichtig, Klarheit und Sicherheit zu erreichen, für die Beschäftigten, für die Standorte und die betrieblichen Vereinbarungen." So weit ist es offenbar noch nicht: Nach dpa-Angaben gibt es aus Paris noch keine schriftlichen Zusagen.

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