Online-Banking:Comdirect-Kunden hatten Zugriff auf fremde Konten

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  • Kunden von Comdirect, der Direktbank-Tochter der Commerzbank, konnten am Montagmorgen auf die Konten fremder Nutzer zugreifen.
  • Sie konnten Daten wie den Kontostand einsehen und theoretisch auch Überweisungen veranlassen.
  • Wie viele Kunden von dem Daten-GAU betroffen sind, ist bislang nicht bekannt.

Von Harald Freiberger und Jan Schmidbauer

Bei der Onlinebank Comdirect ist es am Montagmorgen zu einem Daten-GAU gekommen: Kunden, die sich auf ihr Konto einloggten, befanden sich plötzlich auf dem Konto eines anderen Nutzers. Sie konnten dort Daten wie den Kontostand einsehen und theoretisch auch Überweisungen veranlassen. "Die Problematik ist bekannt, es gab technische Probleme", bestätigte eine Sprecherin der SZ. Die Systeme der Direktbank-Tochter der Commerzbank wurden zunächst heruntergefahren und neu gestartet, der Online-Zugang war zwischenzeitlich "nur eingeschränkt erreichbar". Seit 11.20 Uhr laufen die Systeme wieder. Ob der Fehler behoben wurde, konnte die Sprecherin jedoch nicht sagen. Die Prüfung der Ursachen laufe noch immer auf Hochtouren.

Offenbar handelt es sich nicht um einen Betrugsfall oder Hackerangriff. Comdirect hatte in der Nacht zuvor neue Daten auf die Zugänge der Kunden überspielt. Dabei dürfte der Fehler passiert sein. Eine genaue Ursachenanalyse gibt es noch nicht. "Dazu brauchen wir erst ein vollständiges Bild", sagte die Sprecherin.

Wie viele Kunden betroffen sind, konnte die Sprecherin nicht sagen. Nach einem Bericht von Handelsblatt Online landeten einzelne Kunden bei mehrmaligen Versuchen, ihr Konto zu erreichen, bei verschiedenen anderen Konten. Ob es auch zu falschen Überweisungen kam, ist noch unklar. Comdirect hat für seine Kunden die Möglichkeit geschaffen, bis zu 1000 Euro täglich vereinfacht ohne Transaktionsnummer (Tan) zu überweisen. Das ist nach Unternehmensangaben aber nur auf ein Referenzkonto möglich, nicht auf ein fremdes Konto.

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"Die Comdirect-Panne zeigt: Wir brauchen das Bargeld."

Comdirect ist die Direktbank-Tochter der Commerzbank und mit zwei Millionen Privatkunden eine der größten Direktbanken in Deutschland. Die Online-Zugänge von Commerzbank-Filialkunden sind nach Angaben des Instituts jedoch nicht betroffen. Etwa zwei von drei Girokonto-Inhabern machen ihre Bankgeschäfte auch online.

Es gab in Deutschland schon öfter Fälle von Betrug beim Onlinebanking. Ein Fall wie dieser, dass Kunden automatisch auf das Konto eines anderen Nutzers weitergeleitet werden, ist bisher aber noch nicht vorgekommen. Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim, spricht von einem "kapitalen Fehler". Er hält den Vorfall für den perfekten Beweis, dass es zu gefährlich ist, sich nur auf eine Technologie zu verlassen: "Die Comdirect-Panne zeigt: Wir brauchen das Bargeld." Zwar gebe es auch von Kollegen seines Fachs immer wieder Forderungen, den Zahlungsverkehr vollständig zu digitalisieren. Doch die Panne würde den Kunden wieder einmal vor Augen führen, dass ein reibungsloser Zahlungsverkehr nur mit einer zweiten Ebene - dem Bargeldverkehr - garantiert werden kann.

Den Vertrauensverlust durch die IT-Panne hält Burghof allerdings für verkraftbar, solange es sich bei dem Fall tatsächlich nur um ein internes IT-Problem handelt. Viel gefährlicher seien Angriffe von außen, etwa durch Hackerangriffe mit Viren, "die für einen gezielten Missbrauch eingesetzt werden". Wenn Kunden nun fremde Kontodaten einsehen können, sei das zwar ein schwerwiegender Fehler - aber "keine massive Bedrohung".

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