Ohne Geldautomat:Der Banker bringt's

Mobile Sparkasse

Wenn es vor Ort keine Sparkasse gibt, kommt eben der Lastwagen, hier parkt er in der Saarpfalz.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/picture alliance / dpa)

Vor allem auf dem Land gibt es weniger Bankfilialen - wie kommen die Menschen dort noch an ihre Scheine?

Von Felicitas Wilke

Bei Oma auf dem Dorf war alles genau geregelt. Einmal im Monat brachte der Eismann Tiefkühlware, einmal pro Woche kam die Eierfrau mit frischen Eiern und Nudeln vorbei. Die paar Mark, die Oma ihnen in die Hand drückte, hatte sie vorher bei der Sparkasse um die Ecke abgehoben. Doch mittlerweile verschwinden immer mehr Geldautomaten auf dem Land. Allein in Bayern wollen die Sparkassen in diesem Jahr bis zu 220 Filialen schließen. Und so kommt es, dass mancherorts nicht nur der Eismann oder die Eierfrau, sondern auch der Banker bei Oma vorbeifährt - mit frischem Bargeld.

Wenn in diesen Tagen Filialen verschwinden, hat das mehrere Gründe. Durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank schrumpfen die Erträge der Institute, die vor allem vom Spar- und Kreditgeschäft leben. Also sparen die Sparkassen. Hinzu kommt, dass viele Kunden ihre Bankgeschäfte inzwischen lieber im Internet erledigen und in einigen ländlichen Regionen Deutschlands immer weniger Menschen leben. Und so sparen die Sparkassen vor allem an Filialen in der Provinz.

Doch wie ziehen sich Institute, die eigentlich für Kundennähe bis ins Dorf bekannt sind, von genau dort zurück? Kreative Lösungen müssen her, das scheint auch dem bayerischen Sparkassenpräsidenten Ulrich Netzer klar zu sein. Vor kurzem sagte er der Nachrichtenagentur dpa, dass Kunden auf dem Land weiterhin schnell an Bargeld kommen müssten. Notfalls liefere man es ihnen nach Hause.

Für die Menschen aus Katschenreuth oder Rugendorf ist dieses Angebot schon längst Realität. Bereits seit einigen Jahren können sie bei der Sparkasse Kulmbach-Kronach telefonisch Bargeld bestellen - die Scheine bringt der Sparkassen-Mitarbeiter dann persönlich vorbei. Zwar liegen trotz Filialschließungen selten mehr als zehn Kilometer zwischen zwei Geldautomaten, dennoch gibt es in der ländlich geprägten Gegend im Norden Bayerns auch Orte ohne direkten Zugang zu Bargeld. Der kostenlose Lieferdienst richte sich an alle Kunden in der Region, erklärt Sprecherin Kerstin Emrich. Die meisten Nutzer seien aber Menschen mit eingeschränkter Mobilität.

Manche schicken einen Mitarbeiter vorbei, andere externe Boten

Weil die 409 Sparkassen in Deutschland alle als eigenständige Unternehmen agieren, gibt es beim Bargeld-Lieferdienst kein einheitliches System. "Jede Sparkasse entwickelt vor Ort eine eigene, angepasste Lösung", erklärt Alexander von Schmettow vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Diverse Geldinstitute bringen ihren Kunden Bares direkt nach Hause. Beispielsweise bieten in NRW die Sparkasse Kierspe-Meinerzhagen, die Sparkasse am Niederrhein und die Kreissparkasse Verden den Service an - allerdings zu unterschiedlichen Konditionen. Mal gibt es einen Mindestbestellwert, mal nicht. Hier richtet sich das Angebot an alle Kunden, dort nur an ältere oder weniger mobile Menschen. Und anders als in Kulmbach-Kronach ist die Dienstleistung andernorts meist nicht umsonst. In Kierspe-Meinerzhagen zahlen Kunden 1,50 Euro im Monat, am Niederrhein gut fünf und in Aachen sogar knapp zehn Euro an Gebühren.

Ähnlich sieht es bei den Volks-und Raiffeisenbanken aus. Den Geld-nach-Hause-Service gibt es auch hier. Jede Bank entscheidet aber selbst, ob und zu welchen Konditionen sie ihn anbietet. Einige Banken schicken einen Mitarbeiter vorbei, andere greifen auf externe Boten zurück. Kostenlos wie bei der Volksbank an der Niers am unteren Niederrhein ist das Angebot meist nur dann, wenn es sich ausschließlich an ältere Kunden richtet, die nicht mehr mobil sind.

Unabhängig davon, ob man mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Franken, in Schwaben oder im Rheinland spricht: Meist ist zu hören, dass die Kunden den Bargeld-Lieferservice eher sporadisch nutzen. Von ein paar Mal im Monat sprechen die meisten Institute. Christian Hälker von der Volksbank an der Niers sieht den Grund darin ausgerechnet in der ländlichen Lage seiner Bank. "Hier herrscht noch ein starker Zusammenhalt zwischen den Familien und Nachbarschaften", sagt Hälker. Wer es nicht zur Bank schaffe, dem würden in der Regel Verwandte oder Bekannte helfen. An die Bank wendeten sich die meisten Kunden nur "im Fall der Fälle".

Anderswo haben sich andere Modelle bewährt, zum Beispiel sogenannte Bargeldagenturen. So können im unterfränkischen Weilbach Kunden der Sparkasse Bares im Dorfladen abheben. Hier kommt das Geld nicht zur Oma, sondern die Oma noch zum Geld. Und kann obendrein noch frische Eier und Nudeln kaufen.

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